Söder denkt wegen kommunaler Finanznot an neue Schulden | FLZ.de | Stage

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 20.10.2025 11:54, aktualisiert am 20.10.2025 14:24

Söder denkt wegen kommunaler Finanznot an neue Schulden

Nach der Sitzung des CSU-Vorstandes hatte Markus Söder gut lachen - dennoch bereiten auch ihm die finanziellen Nöte der bayerischen Kommunen zunehmend Sorgen.  (Foto: Peter Kneffel/dpa)
Nach der Sitzung des CSU-Vorstandes hatte Markus Söder gut lachen - dennoch bereiten auch ihm die finanziellen Nöte der bayerischen Kommunen zunehmend Sorgen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)
Nach der Sitzung des CSU-Vorstandes hatte Markus Söder gut lachen - dennoch bereiten auch ihm die finanziellen Nöte der bayerischen Kommunen zunehmend Sorgen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Wenige Tage vor der November-Steuerschätzung schließt Ministerpräsident Markus Söder die Aufnahme neuer Schulden nicht mehr aus. „Die Wahrheit ist, Europa macht immense Schulden, Deutschland macht immense Schulden, alle anderen Länder machen Schulden“, sagte der CSU-Chef nach einer Sitzung des Parteivorstands in München. Zugleich verwies Söder auf die desolate Finanzlage in Bayerns Kommunen und die weiterhin schwächelnden Wirtschaft auch im Freistaat.

Deswegen müsse die Staatsregierung nun „sehr genau überlegen, ob das verantwortbar ist, das zu tun oder nicht“, sagte Söder. „Aber ich sage es noch mal eindeutig: Land geht hier vor Partei-Prinzipien.“ 

Seit 20 Jahren keine Neuschulden mehr - Ausnahme Corona

In Bayern sind ausgeglichene, also nicht über Schulden gegenfinanzierte Haushalte, seit vielen Jahren und Jahrzehnten eigentlich die Normalität. Abgesehen von einer Art Sonder-Schulden zur Bewältigung der Corona-Krise sowie einst zur Rettung der angeschlagenen BayernLB kommt der Freistaat seit inzwischen 20 Jahren ohne Neuverschuldung aus.

Ende kommender Woche finden die Spitzengespräche zum kommunalen Finanzausgleich statt, maßgeblich für die Spielräume des Freistaates ist das Ergebnis der Steuerschätzung - nicht nur für 2026, sondern auch für 2027 und 2028. Sollten die Schätzer zu der Erkenntnis gelangen, dass sich in den kommenden drei Jahren kein grundlegender Aufschwung abzeichnet und damit auch steigende Steuereinnahmen, dürfte es eng werden. 

Sozialkosten überfordern kommunale Haushalte

Bayerns Städte und Gemeinden leiden nach Angaben des Städtetags immer mehr unter einer sich verschärfenden finanziellen Schieflage. „Die Lage spitzt sich dramatisch zu“, sagt der Vorsitzende des Verbandes, Markus Pannermayr (CSU). Im Jahr 2023 waren die kommunalen Haushalte mit 2,3 Milliarden Euro ins Minus gerutscht, im Jahr 2024 lag das Defizit bei 5,3 Milliarden Euro. Auch das erste Halbjahr 2025 war laut Pannermayr bereits mit einem hohen Defizit von 4,6 Milliarden Euro belastet. Mit Blick auf den kommunalen Finanzausgleich betonte er, die Kommunen seien „mehr denn je“ auf einen starken kommunalen Finanzausgleich 2026 angewiesen. 

Auch Söder betonte, dass die kommunalen Finanzen längst in Schief- und Kipplage gekommen seien, weil die hohen Sozialkosten sie völlig überforderten. „Das gilt für Bezirke, für Kreise, Städte und Gemeinden. Wir haben zwar mit dem Sonderinvestitionsprogramm eine einmalige Chance, die wird auch am Ende enorm viel anstoßen für den Wohnungsbau, für Kinderbetreuung, für viele andere Bereiche: Breitband und Digitalisierung Aber dies hilft nicht allein“.

Weiterer Faktor: Sondervermögen Infrastruktur des Bundes

Ein weiterer Faktor, der bei den Finanzberatungen von Land und Kommunen zu beachten ist, ist das Sondervermögen Infrastruktur des Bundes. „Der bayerische Anteil am Sondervermögen in Höhe von 15,7 Milliarden Euro muss zu großen Teilen an die Kommunen fließen, damit die Kommunen dringend notwendige Investitionen umsetzen können und wichtige Maßnahmen nicht auf unbestimmte Zeit verschieben müssen“, sagte Pannermayr. Die Mittel sollten möglichst in hohem Umfang über Pauschalen ausgereicht werden. 

Derzeit laufen hinter den Kulissen Gespräche, ob Bayern den Kommunen 60 oder 70 Prozent des Sondervermögens überlässt. Da das Geld aber für Investitionen genutzt werden soll, würde es den Städten und Gemeinden nicht bei ihren Sozialkosten helfen. 

Söder verspricht gemeinsame Lösung

Nach Söders Worten habe die kommunale Finanzlage aber auch für den Freistaat Priorität: „Ich kann zusichern, dass wir eine gemeinsame Lösung finden werden. (...) Wir lassen Kommunen auf keinen Fall allein und wir werden auch den Staatshaushalt nicht auf Kosten der Kommunen gut stellen oder besserstellen.“ Nach der Steuerschätzung müsse die Situation im Haushalt mit den kommunalen Anforderungen in Übereinstimmung gebracht werden. 

„Eine Vollbremsung, ein Flächenbrand, eine rein kommunale Belastung ist auf Dauer nicht der richtige Weg, sondern wir müssen in dieser Zeit eher antizyklisch sein Das heißt, wir brauchen hohe Investitionen im Staatsapparat, hohe Investitionen für Technologie, für Forschung, für Wissenschaft, für Wirtschaft, für den Bausektor.“ Zugleich brauche es eine Stärkung der Kommunen, damit vor Ort entsprechende Bereiche gestärkt werden könnten.

© dpa-infocom, dpa:251020-930-183273/2


Von dpa
north