Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Post bleiben die Fronten verhärtet. Am Montag begann die Gewerkschaft Verdi eine bis zum 8. März laufende Urabstimmung bei dem Bonner Konzern, in der über einen unbefristeten Streik entschieden werden soll. Ein Arbeitskampf dürfte erhebliche Folgen haben für den Brief- und Paketversand. Das Ergebnis der Urabstimmung soll am 9. März bekanntgegeben werden.
Am selben Tag ist die Bilanz-Pressekonferenz des Logistikkonzerns, auf der der scheidende Vorstandschef Frank Appel wohl einen Rekordgewinn verkünden wird. Auf die hohen Gewinne bezieht sich Verdi, um die Forderung nach 15 Prozent mehr Geld zu rechtfertigen. Allerdings werden die Profite vor allem im Ausland erwirtschaftet.
Der Tarifvertrag für 160.000 Briefträger, Paketzusteller und andere Beschäftigte im Inland ist zum Jahreswechsel ausgelaufen. Stimmberechtigt bei der Urabstimmung sind die Mitglieder von Verdi, die in diesem Post-Bereich arbeiten. Das sind der Gewerkschaft zufolge mehr als 100.000. Lehnen mindestens 75 Prozent der Befragten das Post-Angebot ab, soll es zum Streik kommen.
Die separate, kleinere Gewerkschaft DPVKOM spielt hierbei keine Rolle. Die DPVKOM hatte eine Entgelterhöhung um 12 Prozent gefordert und nach dem Post-Tarifangebot positiv angemerkt, dass einige DPVKOM-Forderungen aufgegriffen worden seien. Aus Sicht von Verdi reicht der Vorschlag des Managements nicht, um die Bezahlung wesentlich zu verbessern und den Kaufkraftverlust auszugleichen.
In den vergangenen Wochen hatte Verdi mit Warnstreiks den Druck in den Tarifverhandlungen erhöht, Millionen von Sendungen konnten wegen der Arbeitsniederlegungen erst verspätet zugestellt werden. Die Post lehnt die Forderung der Gewerkschaft als wirtschaftlich nicht darstellbar ab und warnt vor einem Arbeitsplatzabbau, sollten die Personalkosten zu stark steigen. Subunternehmer, die bisher nur eine Nischenrolle spielen beim „Gelben Riesen“, könnten künftig stärker eingesetzt werden, heißt es aus dem Management.
Die Post bietet bisher eine Tariferhöhung in zwei Stufen ab 2024 an, die Firmenangaben zufolge die Bezahlung um durchschnittlich 11,5 Prozent verbessern würde. Separat hierzu sollen die Beschäftigten schon ab diesem Jahr schrittweise 3000 Euro netto bekommen, die als Inflationsausgleichsprämie fließen. Im Vergleich zur Verdi-Forderung von 15 Prozent binnen eines Jahres ist das Post-Angebot, das sich auf einen 24-Monats-Zeitraum bezieht, deutlich niedriger.
Die Post steht wirtschaftlich gut da. Allerdings ist ihr Stammgeschäft - also die Brief- und Paketbeförderung in Deutschland - längst nicht mehr so wichtig wie früher. Von dem für 2022 erwarteten Betriebsgewinn über 8,4 Milliarden Euro stammen 1,35 Milliarden aus dem Bereich Post & Paket Deutschland. Während andere Konzernbereiche profitabler wurden, sank der operative Gewinn im Stammgeschäft. Überlegungen des Managements, möglicherweise auf Fremdvergaben zu setzen, bezeichnete Verdi als „Einschüchterungsversuch“.
Die Post ist derzeit als „Universaldienstleister“ tätig - sie ist also verpflichtet, überall in Deutschland Sendungen zuzustellen. So müssen zum Beispiel 80 Prozent der eingeworfenen Briefe am nächsten Werktag zugestellt sein. Das mehr als zwei Jahrzehnte alte Regelwerk soll aber reformiert werden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat dazu unlängst Vorschläge gemacht. Künftig soll es „Möglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit im Universaldienst“ geben. Der Zeitdruck könnte sinken und die 80-Prozent-Vorgabe wegfallen. Dafür könnte aber andere Vorgaben verschärft werden.
Die Post dringt weiter auf eine Umstellung des Briefsystems auf eine Zwei-Klassen-Zustellung. „Der Verbraucher kann sich entscheiden, mit welchem Tempo sein Brief transportiert wird“, sagte Personalvorstand Thomas Ogilvie der Funke Mediengruppe. Schon länger ist bekannt, dass der Konzern wie in anderen europäischen Ländern Post in zwei Geschwindigkeiten ausliefern möchte - mit unterschiedlichen Preisen.
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