Triathlon-Star Jan Frodeno vergrub sein schmerzverzerrtes Gesicht in den Händen und blickte dann auf seine Achillessehne, die ihn zur Aufgabe beim Langdistanz-Klassiker in Roth zwang. Statt eines umjubelten Comebacks nach monatelanger Verletzungspause erlebte der dreimalige Ironman-Weltmeister beim Sieg des Dänen Magnus Ditlev am Sonntag den nächsten Rückschlag. Fast entschuldigend winkte Frodeno ab, nachdem er als Führender aus dem abschließenden Marathon ausgestiegen war. Dann fiel er seinem Team in die Arme.
Vom Streckenrand sah Frodeno, wie Lokalmatadorin Anne Haug nach 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen ihren Titel verteidigte. Dabei hatte die Bayreutherin nach dem Schwimmen und einer Panne, bei der sie zum falschen Wechselbeutel griff, mehr als sieben Minuten Rückstand auf die führende Britin Fenella Langridge. Auf der Radstrecke kämpfte die 39-Jährige dann gegen eine Biene im Helm, wurde sogar gestochen. Ein Motorradfahrer kippte ihr daraufhin kaltes Wasser über den Helm.
„Das ist ein Ironman. Da passieren immer Dinge, die nicht planbar sind“, kommentierte Haug die Widrigkeiten. „Man muss immer daran glauben, dass man es ins Ziel schafft. Es war echt richtig hart.“
Vorjahressieger Patrick Lange komplettierte mit gut neun Minuten Rückstand als Zweiter das starke deutsche Gesamtergebnis. „Weltklasse Leistung von Magnus“, sagte Lange über den Sieger, der da schon seine Weißbierdusche genossen hatte. „Ich habe jede Minute gekämpft. Die Schulter tut scheiße weh“, berichtete der 35 Jahre alte Hesse, der nach einem Sturz zu Jahresbeginn an der Schulter operiert worden war.
Über zwei Drittel des Wettkampfes sah alles nach einem Comeback-Sieg von Frodeno aus, der sich zu Höchstleistungen pushen wollte. Angetrieben von Zehntausenden Zuschauern am Ufer des Main-Donau-Kanals stieg der 40-Jährige als Erster aus dem Wasser. Trotz einer Wechselpanne nach dem Radfahren, bei der Frodeno seinen Beutel mit den Laufschuhen nicht finden konnte, führte der Routinier auch vor dem Marathon. Dann wurden die Schmerzen aber zu groß.
Als „Entscheidung der Vernunft“ bezeichnete der Routinier seine Aufgabe. „Heute war der Tag, an dem der Schmerz auf dem Rad begonnen hat und sich beim Laufen gesteigert hat. Bitter, denn ich habe einen richtig guten Tag erwischt eigentlich“, sagte der Kölner im BR.
Nach der coronabedingt modifizierten Triathlon-Version mit nur der Hälfte der Teilnehmer fand das Rennen in der Langdistanz-Hochburg wieder ohne Beschränkungen statt. Das legendäre Stimmungsnest am Solarer Berg, in dem die Fans dicht gedrängt eine schmale Gasse bilden und die Fahrer mit lautstarken Rufen und La-Ola-Wellen den Berg hinaufpeitschen, feierte sein Comeback. „Ich habe gedacht, gleich platzt das Trommelfell“, beschrieb Frodeno die Atmosphäre.
Der Fokus der Triathleten liegt jetzt auf der WM im Oktober auf Hawaii. Dort will auch Frodeno angreifen. „Ich bin im Herbst meiner Karriere, aber nicht im Winter“, sagte der Olympiasieger von 2008.
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