Geborgenheit und Zuwendung hat Sanie bei ihrer Mama nicht erfahren. Heute lebt die Dreijährige bei ihrer Oma Michaela Köppern. Sie gibt ihr endlich die Liebe und Aufmerksamkeit, die ein kleines Mädchen braucht.
Mit 18 hatte Sanies Mutter über das Internet einen Mann kennengelernt und zog zu ihm nach Norddeutschland. Über ihn kam sie mit harten Drogen in Kontakt, wie die 58-jährige Michaela Köppern schildert. Die junge Frau wurde schwanger, die Beziehung ging in die Brüche. Das Baby vernachlässigte sie. Weil sich Sanies Mutter überfordert fühlte, ließ sich Michaela Köppern für einige Monate nach Norddeutschland versetzen und hütete die Kleine in ihrer Freizeit. Da war Sanie acht Monate alt.
An Ostern 2022 kam Köpperns Tochter mit dem Baby zu Besuch. Um sich Drogennachschub zu besorgen, pendelte sie eine Zeit lang zwischen Westmittelfranken und Norddeutschland. Sanie ließ sie währenddessen bei der Oma. „Eines Tages kam sie nicht mehr“, erzählt Michaela Köppern. Sie meldete sich nicht, war auch nicht erreichbar.
Köppern wartete und wartete – über ein halbes Jahr. „Ich wollte meiner Tochter die Gelegenheit geben, sich zu kümmern oder mir wenigstens eine Vollmacht zu geben.“
Weil sie rechtlich keinerlei Entscheidungen bezüglich Sanie treffen durfte und auch keine Gesundheitskarte für das Kind hatte, holte sich Köppern schließlich Hilfe beim Jugendamt. Im Rahmen der Verwandtenpflege übernahm sie offiziell die Verantwortung für ihre Enkelin.
Der Familienzuwachs bedeutete eine gewaltige Umstellung. „Erst mal musste ich alles besorgen: Klamotten, Windeln, Flaschen, Spielzeug, einen Kinderwagen. Sie hatte ja nichts dabei.“ Ihren Beruf als Pflegefachkraft, den sie sehr mochte, musste sie von heute auf morgen aufgeben. „Ich habe in verschiedenen Heimen und Krankenhäusern in ganz Deutschland gearbeitet.“
Das Kind in eine Pflegefamilie oder gar ein Heim zu geben, sei für sie nicht in Frage gekommen, betont sie. „Mir war wichtig, dass sie hier nicht mehr herausgerissen wird. Das wäre verheerend für sie gewesen.“
Gleichaltrigen hinkt Sanie in ihrer Entwicklung hinterher – wohl eine Folge des Drogenkonsums ihrer Eltern und der Vernachlässigung, vermuten die Oma und die Fachkraft bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe, Iris Appel. Gerade in den so wichtigen ersten Lebensjahren sei Sanie nicht gefördert worden. Sie erhielt kaum Ansprache, wurde stattdessen vor dem Fernseher geparkt. Einen Alltag mit festen Schlafenszeiten und regelmäßiger Körperpflege kannte das Mädchen nicht.
Noch immer spricht sie kaum, auch wenn sie sich schon besser mitteilen kann. „Am Anfang hat sie gar nicht gesprochen, sondern nur geschrien.“ Sanie zerlegt ihr Spielzeug, kann sich nur kurz konzentrieren, springt von einem Spiel zum nächsten.
Gefahren – wie im Straßenverkehr – kann sie nicht einschätzen. Das Regal im Zimmer hat die Oma festgeschraubt, weil Sanie daran hochklettert. Auch auf die Balkonbrüstung würde sie klettern, deshalb hält die Oma alle Türen geschlossen.
Aber die liebevolle und zugleich konsequente Erziehung trägt Früchte. Sanie hat gelernt, sich beim Essen hinzusetzen und draußen an der Hand zu gehen. Michaela Köppern hat sie an eine feste Bettgehzeit gewöhnt. Seit September besucht das Mädchen den Kindergarten. Eine Integrationskraft soll sie dort künftig beim Spielen anleiten. Auch bei einer Frühförderstelle hat sie einen Platz. Manchmal ruft ihre Mutter an, sie war auch schon zu Besuch. Dass sie auf absehbare Zeit Verantwortung für ihre Tochter übernehmen kann, halten Michaela Köppern und Iris Appel für unwahrscheinlich. „Solange das Suchtverhalten noch so präsent ist, auf keinen Fall“, stellt Appel fest. Ihren Vater sieht Sanie alle 14 Tage im Rahmen eines begleiteten Umgangs. Auch er ist nach wie vor drogenabhängig.
Michaela Köppern hofft, nächstes Jahr in ihren Job zurückkehren zu können. Zuvor muss sie noch den Grauen Star operieren und ihre Zähne richten lassen. Wie sie das finanzieren soll, weiß sie noch nicht. Durch die Anschaffungen für ihre Enkelin hat sie einen Großteil ihrer Rücklagen aufgebraucht – Geld, das sie für die Zahn-OP gespart hatte. Von einer Spende der FLZ-Leser würde sie Förderspielzeug für Motorik und Sprache sowie ein Dreirad mit Schiebestange kaufen. Das Wohl ihrer Enkelin steht für sie momentan einfach im Vordergrund.
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