Vor der Entscheidung der CDU über den schwarz-roten Koalitionsvertrag gewinnt die künftige Ministerriege der Union immer mehr Konturen. Der CDU-Politiker Johann Wadephul soll nach Informationen des Portals „Table Media“ Außenminister einer Regierung unter einem Bundeskanzler Friedrich Merz werden.
Die Energiemanagerin und frühere CDU-Abgeordnete Katherina Reiche werde das Wirtschaftsministerium übernehmen, heißt es in dem Bericht. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien solle das neue Bildungsressort in der Bundesregierung führen. Alle drei werden seit Wochen als aussichtsreiche Kandidaten gehandelt.
Ein CDU-Sprecher sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, man äußere sich zu den Spekulationen nicht. Er verwies auf die am Montag geplante Vorstellung der Kabinettsbesetzung. Dann will CDU-Chef Merz in Berlin die künftigen Ministerinnen und Minister präsentieren, die seine Partei in die Bundesregierung entsendet. Parallel dazu stellt CSU-Chef Markus Söder seine Kandidaten in München vor.
Der Fachpolitiker Wadephul aus Schleswig-Holstein wäre erster CDU-Außenminister seit fast 60 Jahren. Spekuliert wurde auch über den früheren NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet. Prien gehörte auch zum Koalitionsverhandlungsteam der CDU. Für Reiche wiederum wäre es eine Art Comeback: Von 1998 bis 2015 gehörte sie dem Bundestag an. Sieben Jahre davon war sie Mitglied der Bundesregierung als Parlamentarische Staatssekretärin.
Die CDU stellt laut Koalitionsvertrag sieben der insgesamt 17 Ministerinnen und Minister, ebenso wie die SPD. Auf die CSU entfallen drei Ressorts. Die SPD will ihre Kandidatinnen und Kandidaten für das neue Kabinett erst nach dem Ende ihres Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag präsentieren.
Die SPD lässt ihre rund 358 000 Mitglieder über das Vertragswerk mit der Union entscheiden. Bis zum 29. April um 23.59 können sie online ihre Stimmen abgeben. Das Ergebnis soll am Mittwoch bekanntgegeben werden. Vorher will die SPD auch keine Minister nennen.
Neben der Mehrheit der Stimmen ist die Beteiligung von 20 Prozent der Parteimitglieder notwendig. Die Partei-Jugend ist unzufrieden mit dem Koalitionsvertrag, trotzdem gilt eine mehrheitliche Zustimmung vor allem mangels Alternative als wahrscheinlich. Die einzigen Alternativen wären eine Koalition zwischen Union und AfD, eine Minderheitsregierung oder die Neuwahl des Bundestags.
Mit Verweis auf den Stimmenzuwachs der AfD appellierte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken eindringlich an die Mitglieder ihrer Partei, für den mit CDU und CSU ausgehandelten Koalitionsvertrag zu stimmen. „Unsere Aufgabe in der nächsten Legislatur ist ganz klar – manche sagen sogar, das sei unsere letzte Chance –, wir müssen das Vertrauen in die Demokratie wiedererlangen, erneuern und ihre Feinde zurückdrängen“, sagte Esken bei einer Dialogkonferenz mit Parteimitgliedern im nordhessischen Baunatal. „Das ist unsere historische Verpflichtung“, fügte sie hinzu.
Schon an diesem Montag kommen etwa 150 Delegierte der CDU in Berlin zusammen, um über den zwischen den Parteiführungen von CDU, CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag abzustimmen. Die Zustimmung gilt als sicher. Die CSU hatte den 144 Seiten Entwurf bereits kurz nach der Einigung per Vorstandsbeschluss abgesegnet.
Wenn auch die SPD zustimmt, soll der Koalitionsvertrag am 5. Mai unterzeichnet werden. Am Tag darauf wäre die Wahl des Kanzlers. Merz benötigt am 6. Mai im Bundestag die Zustimmung der Mehrheit aller Bundestagsabgeordneten, also 316 Stimmen - auch Kanzlermehrheit genannt.
Dem Bundestag gehören 328 Politiker von Union und SPD an. Wenn mehr als zwölf von ihnen fehlen oder Merz die Stimme verweigern, kann innerhalb von zwei Wochen ein zweiter Wahlgang angesetzt werden - gegebenenfalls mit einem anderen Kandidaten. Wenn es auch dann noch keine Kanzlermehrheit gibt, reicht in einem dritten Wahlgang die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Abgeordneten. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass die Mehrheit im ersten Wahlgang zustande kommt.
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