Er hat sein Leben lang Theater, Kabarett und Operette gemacht, aber wenn ihn Leute auf der Straße ansprachen, dann sagten sie meistens: „Sind Sie nicht der von „Knieritz an der Knatter”?“ Und dann sagte Ernst Hilbich „ja“ und lachte sein glucksendes Lachen. Seltsam, was am Ende bleibt aus mehr als 60 Bühnenjahren. Jetzt ist der Komödiant mit 93 Jahren gestorben, wie seine Familie der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte, nachdem zuvor „Bild“ berichtete.
„Ärnscht, du machst des widdä“, verkündete Bembel-Wirt Heinz Schenk ein ums andere Mal, und dann sang Hilbich im „Blauen Bock“ wieder „Es ist Karneval in Knieritz an der Knatter“. Jahrein, jahraus. Man sah ihn als Kind, und wenn man später selbst Kinder hatte und zufällig wieder einschaltete, war er immer noch da. Anderes Kostüm, anderes Arrangement, aber unverkennbar der „Ärnscht“. Eine Konstante durch Jahrzehnte.
War es frustrierend für ihn, dass ausgerechnet das bei den Leuten hängen blieb? „Um Gottes willen!“, antwortete er darauf einmal der dpa. „Dadurch bin ich doch überhaupt noch im Gespräch. Da wär ich doch schon blöd, wenn ich jetzt sagen würde: Ich hab' auch den „Hauptmann von Köpenick” gespielt... Wertvoll ist, was hängen bleibt.“
Bei anderen hätte das vielleicht aufgesetzt geklungen, aber nicht bei ihm. Hilbich betonte immer, dass er nichts gelernt habe: nie zur Schauspielschule gegangen sei, nie Noten lesen gelernt, nie Tanzunterricht gehabt habe.
Und doch stand er schon mit 17 auf der Bühne. Im Rheinischen Landestheater in Neuss bekam er seine ersten Rollen. Nebenbei verdingte er sich als Requisiteur und Chauffeur und noch davor als Hilfsbeleuchter am Operettentheater seiner Heimatstadt Siegburg.
Weil er unter diesen Voraussetzungen nicht viel erwartete, war er immer dankbar und ein wenig erstaunt über alles, was kam. „Ich hatte immer wahnsinniges Glück, ich bin immer weitergereicht worden.“ Seine elf Jahre beim Düsseldorfer Kom(m)ödchen waren die beste Zeit, meinte er im Rückblick.
„Das, was ich da machen konnte, war toll. Außerdem bin ich rumgekommen: Wir waren zwei Mal in New York. Nur verdienen konnte ich nichts, denn doll bezahlt wurde man damals beim Kabarett nicht.“ Deshalb übernahm er seit den 60er Jahren zunehmend Rollen beim Film und beim Fernsehen.
Dazu kamen Hörspiele. In der Augsburger Puppenkiste gehörte er zum festen Sprecher-Ensemble. Er war das Piano spielende Wildschwein Baby Hübner in „Katze mit Hut“ und das Burggespenst Lülü. Aber seine Lieblingsrolle war das Sams. „Um mir zu helfen, haben sie mir immer meine Puppe an den Mikroständer gehängt.“ Manchmal sprach er zu schnell, dann bekam er den Wink: „Langsam, sonst kommt die Puppe nicht mit.“
Seine Kieks-Stimme kennt fast jeder, der noch in der Bonner Republik sozialisiert worden ist. Aber er konnte auch auf ganz andere Tonlagen umschalten, berühmt war die Willy-Brandt-Nummer: „Liebe Berrrliner und Berrrlinerinnen... und das sei auch den Herrrschaften jenseits des Brrrandenburger Torrres gesagt...“
In den 70er Jahren war Hilbich neben Heinz Eckner der regelmäßige Sketch-Partner von Rudi Carrell bei „Am laufenden Band“. Er hat mit Heinz Erhardt, Heidi Kabel und Harald Juhnke gespielt, mit Hans-Joachim Kulenkampff, Roy Black und Georg Thomalla.
Jopi Heesters hat ihn mal unter den Tisch getrunken, und Walter Giller wurde ein guter Freund von ihm. Seine Schauspiel-Kollegin Lotti Krekel heiratete er - sie starb bereits 2023, was ein furchtbarer Schlag für ihn war.
Die beiden hatten eine sehr glückliche Beziehung. Wenn man bei Ernst Hilbich anrief, konnte es passieren, dass er sich mit irgendeiner Puppenkisten-Stimme meldete, um dann überrascht zu sagen: „Ach Sie sind's - ich dachte, es wär Lotti.“ Vielleicht hatte er seinen Beruf deshalb nie erlernt, weil er es nicht musste. Er war so.
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