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Veröffentlicht am 24.11.2025 00:07

Von Sterneköchen abgeguckt: 5 verblüffende Regeln für daheim

Bei Sterneköchen wird der Teller zur Leinwand. Das geht auch daheim. Beim Spiel mit Farben und Komponenten sollten Portionen filigran platziert werden, gern auch mit Pinzette. So wird der Teller zum Kunstwerk, der Koch zum Künstler.  (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Bei Sterneköchen wird der Teller zur Leinwand. Das geht auch daheim. Beim Spiel mit Farben und Komponenten sollten Portionen filigran platziert werden, gern auch mit Pinzette. So wird der Teller zum Kunstwerk, der Koch zum Künstler. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Bei Sterneköchen wird der Teller zur Leinwand. Das geht auch daheim. Beim Spiel mit Farben und Komponenten sollten Portionen filigran platziert werden, gern auch mit Pinzette. So wird der Teller zum Kunstwerk, der Koch zum Künstler. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)

Zwei Sterne und „Koch des Jahres 2025“ im Guide GaultMillaus: Marco Campanella (33) vom „La Brezza“ in Ascona zählt aktuell zu den spannendsten Talenten Europas. Ebenso Piero Roncoroni (33), der für seine vegetarische Küche in der „Osteria des Centro“ in Lugano mit dem seltenen Grünen Stern des Michelin-Führers ausgezeichnet wurde. Beide Tessiner verbindet ihre virtuose Fähigkeit, neue Geschmackswelten zu komponieren, erfüllt vom aromatischen Tanz der Texturen, stets traumschön für das mitessende Auge angerichtet. 

Während Sterneköche wie sie mit ihren Zutaten Mozart spielen, ertönt in vielen heimischen Küchen eher Hänschen klein. Das lässt sich ändern. Mit den Tipps der Profis bringen Sie sofort mehr „Figaro“ auf Ihre Teller. Und zwar, ohne dass es dafür neues Equipment, ausgefallene Zutaten oder besonderes Können braucht.

1. Mehr Geschmack und Farbe - so geht’s

Der größte Aroma-Killer? „Zu heiß, zu kurz, zu schnell“, sagt Campanella. Nur bei Temperaturen um 160 bis 180 Grad kann sich das volle Potenzial der Zutaten mit all seinen Nuancen entfalten. Über 200 Grad wird es schnell bitter, vor allem Gemüse verliert Farbe und Vitamine. 

Langsames Rösten, Schmoren und sanftes Anschwitzen machen dagegen geschmacklich wie optisch einen großen Unterschied. Eile ist in der Gourmet-Küche ein schlechter Koch. Eine Tomatensoße sollte mindestens eine Stunde sanft köcheln, Fleisch braucht im Ofen dreieinhalb, Gemüse bis zu zwei Stunden. „Zeit und Geduld sind die wichtigsten Zutaten“, sind sich Campanella und Roncoroni einig. Auch geben viele Profirezepte oft zu hohe Temperaturen an. Also runterstellen und länger warten. Wer das beherzigt, hat die wichtigste Regel verstanden.

2. Der richtige Umgang mit Kräutern und Gewürzen

Campanella hält es bei Gewürzen schlicht, besonders beim Fleisch: „Etwas Salz, Pfeffer oder Paprikapulver reichen.“ Für mehr Umami setzt er auf hochwertige Misopaste. Roncoroni würzt sein Wintergemüse mit wenig Garam Masala, Kurkuma oder Ingwer. Sein Geheimtipp: Shio Koji, eine japanische Würzpaste aus fermentiertem Reis. „Sie macht vegetarische Gerichte unglaublich rund, tief und elegant.“ 

Kräuter wie Rosmarin, Thymian oder Basilikum werden immer erst zum Schluss beigegeben und nicht mehr erhitzt, sonst verlieren sie Aroma. Fein geschnittener Schnittlauch sorgt für frische, dekorative Akzente, ohne aufdringlich zu sein. Brühwürfel, Würzpulver oder Soßen mit Geschmacksverstärkern sind für beide Sterneköche ein No-Go und gehören aus jeder Küche verbannt.

3. Zutaten auswählen wie ein Sternekoch

Sterneköche betonen immer wieder: Regional, saisonal, frisch vom Markt und möglichst in Bioqualität - und sie meinen es auch so. Denn: Aromatisches, knackiges Obst und Gemüse hat kurze Wege zurückgelegt, ist kräftig in der Farbe, hat noch Erde dran, samt ihren grünen Anteilen wie etwa Karottengrün. Wintergemüse wie Rüben, Rote Bete, Pastinaken, Kartoffeln, Sellerie und Lauch stecken voller Nährstoffe und sind jetzt die beste Wahl. 

Importware sei nicht nur teuer und kann mit Pestiziden belastet sein - es ist oft auch geschmacksneutral. „Sein lassen!“, so der Profi-Tipp. Eigentlich selbstverständlich: „Bei Fleisch und Fisch sollte man genau wissen, wo es herkommt, und auf höchste Qualität achten“, sagt Campanella. „Schon aus Respekt vor dem Tier.“ Und: Fett ist und bleibt der beste Geschmacksträger. Beide Köche schwören auf reichlich hochwertiges Olivenöl und setzen Butter nur noch gezielt in bestimmten Soßen ein.

4. Selber machen - und zwar alles!

Tüte aufreißen und rein in den Topf? Für einen Sternekoch undenkbar. Sie stellen sämtliche Komponenten selbst her. Das ist meist weder schwer noch aufwendig. „Frischer Nudelteig aus 500 Gramm Mehl, 100 Gramm Grieß und 300 Millilitern Wasser ist fix geknetet“, sagt Campanella. „Dann dünn ausrollen, in Streifen schneiden und wenige Minuten in Salzwasser garen.“ 

Roncoroni zaubert aus vorrätigem Gemüse wie Zwiebeln, Sellerie, Rüben sowie Lorbeerblättern, Nelken und Pfefferkörnern innerhalb von 30 Minuten eine köstliche Gemüsebrühe, die er für alles Mögliche verwendet. Das hat nicht nur geschmackliche Vorteile: „Hochverarbeitete Fertigprodukte bestehen meist aus minderwertigen Zutaten und hindern uns zudem daran, eine Beziehung mit Lebensmitteln aufzubauen.“ 

Einzige Ausnahme: Dosentomaten. Hier setzt Campanella auf eine berühmte italienische Marke mit mütterlichem Namen. Next Level: Brot aus eigenem kultiviertem Sauerteig. Braucht zwar etwas Übung, ist aber ein Gamechanger.

5. Dekorieren und Anrichten

Für Roncoroni ist Kochen Liebe, Hingabe und Achtsamkeit. Neben Technik und Begabung sind vor allem Emotionen entscheidend, die beim Genuss erfahrbar gemacht werden sollen. Dabei spielen Raum, Licht und Stimmung eine wesentliche Rolle. „Mache es dir zum Essen schön. Beginne beim Geschirr. Dunkle, formschöne Keramik bringt deine Kreationen zum Leuchten.“ 

Er rät, den Teller als Leinwand zu betrachten und die einzelnen Komponenten in filigranen Portionen, fein oder hauchdünn geschnitten darauf zu platzieren. „Spiele mit Farben, nutze Hilfsmittel wie eine Pinzette. Betrachte es als Kunstwerk und dich als Künstler, folge deiner Intuition.“ Zum Schluss ein paar Tupfer Soße, frische Kräuter, vielleicht etwas Zitronengras. Fertig! Nur noch sich selbst in Schale werfen, Kerzen an und den Kopf mit schönen Gedanken füllen. Jetzt ist alles bereit für das nächste große Fest der Sinne: das Essen.

© dpa-infocom, dpa:251123-930-331765/1


Von dpa
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