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Veröffentlicht am 18.07.2025 03:32

Was auf Merz bei der Sommer-Pressekonferenz zukommt

Zuletzt war Merz im August 2024 Gast der Bundespressekonferenz. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
Zuletzt war Merz im August 2024 Gast der Bundespressekonferenz. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
Zuletzt war Merz im August 2024 Gast der Bundespressekonferenz. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die ersten Großprojekte unter Dach und Fach, die Stimmungskurve zeigt nach oben, der Start ist geglückt: So hätte sich Kanzler Friedrich Merz (CDU) wahrscheinlich die öffentliche Wahrnehmung seiner „Arbeitskoalition“ aus Union und SPD vor seiner ersten Sommer-Pressekonferenz als Bundeskanzler gewünscht. Der Streit um die Stromsteuersenkung und die geplatzte Richterwahl am letzten Tag vor der Sommerpause haben ihm aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. 

Es könnte also ungemütlich werden, wenn Merz sich heute - am 74. Tag seiner Amtszeit - um 10.30 Uhr etwa 90 Minuten den Fragen der in der Bundespressekonferenz organisierten Hauptstadtjournalisten stellt. Wie immer gibt es keine thematischen Vorgaben. Ein Name dürfte heute Vormittag aber besonders häufig fallen. Und ein paar weitere werden ziemlich sicher auch vorkommen. Ein Überblick über das, was auf Merz heute Vormittag zukommen könnte:

Brosius-Gersdorf - wie weiter im Richterstreit? 

Merz hat sich bereits einmal ausführlich zur geplatzten Richterwahl und den Folgen geäußert: am Sonntag im ARD-Sommerinterview. Seine Kernaussagen: alles „kein Beinbruch“. Man werde das nun „in Ruhe“ mit dem Koalitionspartner SPD besprechen. Und: Es ist Sache des Bundestags und nicht des Kanzlers. 

Vieles spricht dafür, dass Merz bei dieser Linie bleiben wird. Ein Lösungsansatz ist in dem festgefahrenen Streit zwischen Union und SPD noch nicht in Sicht. Merz wird ihn wohl auch nicht liefern können. Trotzdem dürften Brosius-Gersdorf und die Richterwahl das Topthema der Sommer-Pressekonferenz werden.

Am vergangenen Freitag waren die Wahlen zweier neuer Richterinnen und eines Richters für das Bundesverfassungsgericht kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags abgesetzt worden. Der Druck gegen die von der SPD vorgeschlagenen Potsdamer Staatsrechtlerin Brosius-Gersdorf war in der Union zu groß geworden. Die Fraktionsführung konnte die mit dem Koalitionspartner verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren.

Spahn - uneingeschränktes Vertrauen?

Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) wird ziemlich einhellig als Hauptverantwortlicher für das Fiasko bei der Richterwahl gemacht, weil er die Stimmung in der Union gegen Brosius-Gersdorf unterschätzt hat. Merz hat die Frage, ob Spahn noch der richtige Mann auf dem Posten sei, in der ARD mit zwei Wörtern beantwortet: „eindeutig ja.“ Auch dabei dürfte er heute bleiben. Denn ein Austausch seines Fraktionsvorsitzenden, den er selbst ausgesucht hat, würde ihm selbst massiv schaden. 

Trump - Zoll-Drohungen und Ukraine-Verwirrung

In den 90 Minuten wird aber auch noch Raum für andere Themen sein. Für US-Präsident Donald Trump zum Beispiel, für seine Zolldrohungen gegen die EU und das Hin und Her bei den Waffenlieferungen an die Ukraine. Ab 1. August sollen Zölle in Höhe von 30 Prozent auf EU-Waren gelten, falls es vorher nicht zu einer Einigung kommt. Und bei den Waffenlieferungen gibt es zwar eine Grundsatzvereinbarung, dass Deutschland Patriot-Luftverteidigungssysteme in die Ukraine liefern und dann gegen Bezahlung Ersatz aus den USA erhalten soll. Die Details müssen aber noch geklärt - vor allem wann die US-Systeme lieferbar sind.

Putin - was macht er mit dem Ultimatum?

Auch Trumps 50-Tage-Ultimatum an Kremlchef Wladimir Putin verbunden mit der Drohung von massiven Sanktionen gegen die wichtigsten Verbündeten könnte eine Rolle spielen. Bisher lässt sich der russische Präsident davon nicht beeindrucken. Auch die EU muss ihren Beitrag noch liefern, um den Druck auf Putin zu erhöhen. Dafür scheint der Weg nun aber frei zu sein. Die Slowakei kündigte am Donnerstagabend überraschend an, die Blockade neuer EU-Sanktionen gegen Russland zu beenden.

Von der Leyen und der EU-Haushalt

Der Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für einen zwei Billionen Euro schweren Gemeinschaftshaushalt der Europäischen Union könnte ebenfalls noch einmal zur Sprache kommen. Bei seiner Großbritannien-Reise hat Merz am Donnerstag seine Ablehnung bereits deutlich gemacht. Besonders die vorgeschlagene Besteuerung von Unternehmen durch die EU komme nicht infrage, sagte er. Er könne „das für Deutschland ausschließen, dass wir einen solchen Weg mitgehen. Das tun wir nicht.“ 

Schwarz-rote Koalition - „nichts, was uns umwirft“

Die Zwischenbilanz nach 74 Tagen schwarz-rote Koalition wird Merz wahrscheinlich schon in seinem Eingangsstatement selbst ziehen. Alle Gesetze, die man sich mit der SPD vorgenommen habe, seien realisiert worden, hat er bereits gesagt. „Es hat nie einen Zweifel daran gegeben, dass wir das, was wir im Koalitionsvertrag verabredet haben, auch durch das Parlament bringen.“ Von einer Regierungskrise wegen einer verpatzten Richterwahl will er jedenfalls nichts wissen. „Das ist nichts, was uns umwirft.“

© dpa-infocom, dpa:250718-930-811105/1


Von dpa
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