Sich beruflich weiterentwickeln, die eigene Karriere vorantreiben: Beschäftigte, die das vor Augen haben, möchten oft erst einmal wissen, wo sie überhaupt stehen und wie andere ihre Arbeit bewerten. Hierfür gibt es in der Berufswelt Leistungsbeurteilungen. 7 Fragen und 7 Antworten.
Es gibt verschiedene rechtlich zulässige Methoden: Neben dem klassischen Arbeitszeugnis sind das zum Beispiel die sogenannten Zielvereinbarungen, auf Englisch auch Management by Objectives (also Führen durch Zielvorgaben) genannt. „Hierbei vereinbaren Führungskraft und Mitarbeiter spezifische, messbare Ziele und überprüfen regelmäßig Fortschritt und Zielerreichung“, so Karriereberaterin Ragnhild Struss.
Eine weitere Methode: das 360-Grad-Feedback, das Rückmeldungen von verschiedenen Personen umfasst, die mit dem Mitarbeitenden interagieren. Das können laut Struss etwa Vorgesetzte, Kolleginnen, unterstellte Mitarbeiter oder auch Kunden sein. Diese Form des Feedbacks fördere eine umfassendere Perspektive auf die Leistung. Sie lasse sich anonym oder persönlich, online oder schriftlich durchführen.
Gängig sind laut Struss zudem regelmäßige Mitarbeitergespräche zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten, die in der Regel jährlich oder halbjährlich erfolgen. Es geht darum, die bisherigen Leistungen zu bewerten und künftige Ziele zu planen. Vorlage könnten verschiedene standardisierte Abläufe sein.
Möglich ist auch eine Bewertung über Leistungskennzahlen (Key Performance Indicators, kurz KPIs). Es kommen quantitative und qualitative Kennzahlen zum Einsatz, um die Leistung des oder der Mitarbeitenden zu messen. Mit Kompetenzmodellen lassen sich die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse des oder der Beschäftigten bewerten, die für die jeweilige spezifische Rolle erforderlich sind.
Leistungsbewertungen haben einen großen Einfluss auf die berufliche Entwicklung sowie auf die Gehaltsentwicklung. Dabei geht es oft nicht nur darum, spezifischen Aufgaben gut nachzukommen, sondern auch, sogenannte Soft Skills zu demonstrieren. Zu Letzterem zählen etwa Verlässlichkeit, Positivität oder Rücksichtnahme. „Das alles trägt zu einer positiven Unternehmenskultur bei und sollte auch in die Bewertung einfließen“, sagt Struss. Wichtig ist nach ihren Angaben zu definieren, was im entsprechenden Kontext unter „Leistung“ zu verstehen und wie diese zu erreichen ist.
Direkte Vorgesetzte haben meist das Hauptrecht und die Hauptverantwortung, Leistungsbeurteilungen durchzuführen. In vielen Unternehmen spielt auch die Personalabteilung eine wichtige Rolle. Etwa, wenn es um die Auswertung und Zusammenfassung von Feedback aus verschiedenen Quellen geht. Oder darum, sicherzustellen, „dass die Beurteilungen konform mit den unternehmensweiten Richtlinien und rechtlichen Vorgaben sind“, so Struss.
Eine Leistungsbeurteilung ist nur erlaubt, soweit sie sich auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung beschränkt. „Eine Beurteilung ohne Bezug zur arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung ist daher unzulässig“, stellt Daniel Stach, Gewerkschaftssekretär bei der Verdi Bundesverwaltung, klar. Das bedeutet dem Experten zufolge: Subjektive Wertungen jeglicher Art sind zu unterlassen.
„Ja, und das ist sogar sehr sinnvoll“, so Ragnhild Struss. Die Gegenüberstellung von Fremd- und Selbsteinschätzung sei entscheidend, um Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdbild zu identifizieren. Im Abgleich von Selbst- und Fremdbild lässt sich die eigene Wahrnehmung schärfen und das Reflexionsvermögen schulen. „Das wirkt sich positiv auf die Kommunikation mit anderen aus und ermöglicht einen reiferen Umgang miteinander.“
Eine schlechte inhaltliche Leistungsbeurteilung sollte kommunikativ immer noch wertschätzend, angemessen und höflich formuliert sein. „Man sollte sie immer als Chance zur Entwicklung sehen“, rät Struss. Ihr Tipp: Im Falle einer als unangemessen empfundenen negativen Beurteilung durch Vorgesetzte sollte man dies kommunizieren und in den Austausch darüber gehen. „Im besten Fall ist es möglich, gemeinsam eine Beurteilung zu erstellen, die für beide Seiten angemessen und nachvollziehbar ist“, so Struss.
„Ja, Arbeitnehmende können verlangen, unrichtige Vorgänge aus der Personalakte entfernen zu lassen“, sagt Gewerkschaftssekretär Stach. Beschäftigte haben einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, mit dem sie umfassend Einsicht in ihre Personalakte nehmen dürfen.
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