Mit Wut im Bauch stürzte sich Ski-Ass Kira Weidle aus dem Starthäuschen, rund eineinhalb Minuten später jubelte die Starnbergerin über ihren ersten Podestplatz in diesem Winter. Deutschlands beste Abfahrerin zeigte sich nach ihrem Katastrophenritt vom Vortag wie verwandelt und setzte mit Platz drei ihr erstes Ausrufezeichen in dieser Speed-Saison.
„Ich bin heute mit einem freien Kopf an den Start gegangen“, sagte die Olympia-Vierte in der ARD. Kaffeetrinken mit den Eltern, Spazierengehen und bisschen Yoga, also „ein Nachmittag für die Seele“, hätten ihr geholfen, den „inakzeptablen“ 24. Platz vom Freitag zu vergessen.
Den Sieg holte sich die italienische Ausnahmeathletin Sofia Goggia vor Ilka Stuhec aus Slowenien. Goggia hatte sich beim Rennen am Freitag die Hand gebrochen und war noch am Nachmittag in Mailand operiert worden. Am Samstag startete die 20-malige Weltcupsiegerin mit einer „Triple-Hand“, wie Goggia ihre geschwollenen Finger scherzhaft bezeichnete. „Manchmal denke ich, mein Leben ist wie ein Film. Ich muss allen Ärzten danken“, sagte die Italienerin, die den Skistock mit Klebeband an ihrem Handschuh befestigt hatte.
Mit einer Verbeugung zollte Weidle ihrer italienischen Kontrahentin Respekt, dann fielen sich die Freundinnen in die Arme. „Unglaublich, nur sie kann so was, weil sie so abgezockt ist und ihren Kopf ausschalten kann“, kommentierte die gebürtige Stuttgarterin Goggias wilde Schussfahrt. Weidle zeigte sich zufrieden, aber längst noch nicht am Ziel ihrer Träume.
„Ich will nicht nach einer Goggia die eins oder zwei sein. Ich will mich mit ihr messen. Das ist der Anspruch an mich selber“, formulierte die WM-Zweite als Vorgabe für die kommenden Wochen. Und der erste Sieg im Weltcup, der steht immer noch an. Am Samstag hatte Weidle 0,52 Sekunden Rückstand auf die Italienerin.
Trotzdem: Die Formkurve von Deutschlands größter Speed-Hoffnung zeigt rund zwei Monate vor der WM in Frankreich nach oben. Aggressiv, angriffslustig und mit weiten Sprüngen demonstrierte Weidle eindrucksvoll, dass an guten Tagen mit ihr zu rechnen ist.
Gleiches galt bislang auch für die deutschen Abfahrer, beim Jubiläumsrennen im italienischen Gröden hatten sie aber wenig Grund zur Freude. Nach Rang acht für Thomas Dreßen in Lake Louise sowie jeweils Platz sechs für Romed Baumann (Lake Louise) und Josef Ferstl (Gröden) verpassten die DSV-Athleten beim 100. Weltcup-Rennen auf der Saslong deutlich eine Top-Platzierung. Bester war Baumann als 17., auch Andreas Sander (22.) und Ferstl (28.) fuhren noch in die Punkteränge.
Einmal mehr nicht zu schlagen war Aleksander Aamodt Kilde aus Norwegen, der in der vierten Abfahrt der Saison seinen dritten Sieg feierte. Zweiter wurde der bereits 41 Jahre alte Franzose Johan Clarey vor Mattia Vasse aus Italien.
In St. Moritz hatte hingegen Emma Aicher erneut überrascht und als 23. weitere Punkte in der Abfahrt gesammelt. Die 19-Jährige startete bis zu dieser Saison im Weltcup ausschließlich in den Technik-Disziplinen. Katrin Hirtl-Stanggaßinger verpasste als 31. die Punkteränge knapp. Am Sonntag (11.30 Uhr) steht für die Damen in der Schweiz noch ein Super-G an.
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