Wenn es heißt, dass Menschen zueinander „wie Hund und Katz“ sind, bedeutet das nichts Gutes. Dann sind statt Frieden und Harmonie eher Streit und Stress angesagt. Kein Wunder: Hunde und Katzen sind von Natur aus nicht unbedingt die besten Freunde.
Was aber, wenn ich die beiden unterschiedlichen Arten bei mir zu Hause zusammenbringen will? „Kann funktionieren, muss aber nicht“, meinen Experten. Klar ist: Auch die Halter haben einen großen Anteil daran, ob die Zusammenführung klappt oder nicht.
Patricia Lösche, Vorsitzende des Berufsverbandes der Tierverhaltensberater und -trainer, hat in ihrem Leben schon mehr als 20 Katzen mit Hunden vergesellschaftet. Ihr Rat: „Gelassen sein!“ Zuletzt musste sie eine Katze, die extrem scheu war, mit ihrem Hund zusammenbringen, der Stubentiger grundsätzlich „gruselig“ gefunden und ihnen misstraut habe. „Da ist dann viel Sprengstoff in der Luft“, sagt sie.
Warum es trotzdem mit dem Zusammenleben funktioniert hat? „Ich habe nichts erzwungen“, so die Verhaltensexpertin. „Ich habe ihnen die Zeit eingeräumt, die sie brauchten, um Hindernisse, inneren Widerstand und Skepsis zu überwinden. Nur dadurch hat es geklappt.“
Das ist das, was viele Tierbesitzer falsch machen, wenn sie Hund und Katz unter einem Dach zusammenführen: „Sie geben den Tieren nicht den Raum und die Ruhe, die sie benötigen, sondern versuchen, etwas zu erreichen, was sie selbst gern möchten. Doch das setzt die Tiere noch mehr unter Stress.“
Und gerade Stress ist etwas, was nicht nur psychische Probleme verstärkt, sondern auch körperlich krank machen kann. Vor allem bei Katzen ist das bekannt: „Man sollte es tunlichst vermeiden, erhöhten Druck auszuüben, sie zu etwas zwingen oder sie gar bestrafen zu wollen“, sagt Tierarzt Thomas Rieker, medizinischer Leiter der Praxiskette Anicura in Deutschland.
Den ersten Moment der Begegnung sollte man daher gut planen und vorbereiten. Motto: „Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.“ Die beiden Fachleute empfehlen, schon vor der Premiere Hund und Katze mit dem Geruch des jeweils anderen vertraut zu machen.
Zum Beispiel kann man die Decken, auf denen die Tiere zuvor jeweils geschlafen haben, einige Zeit vorher bereits dem neuen Mitbewohner mitbringen. So können sie sich über Geruchsfaktoren aneinander gewöhnen.
Für das erste Treffen gilt dann: „Die Katze ist entscheidend für das Tempo“, so Rieker. „Und ganz wichtig ist, dass man ihr Rückzugsmöglichkeiten gibt.“ Wenn man sich nicht sicher ist, wie der Hund reagiert, sollte man ihn anleinen.
„Wie erste Begegnungen laufen, ist extrem individuell und von ganz vielen äußeren Gegebenheiten abhängig“, sagt Patricia Lösche. Zum Beispiel, wer von beiden Tieren zuerst im Haushalt war, wie alt sie jeweils sind und wie sie grundsätzlich andere Vierbeiner finden.
Und dann gilt es, ein ganz positives Ambiente bei der Zusammenführung zu schaffen: Zum Beispiel, dem Hund immer dann ein Leckerli zu geben und ihm Streicheleinheiten zu schenken, wenn die Katze in seiner Nähe und er lieb ist. „So verbindet er die Katze mit etwas Positivem und denkt: Mir geht es plötzlich bombe, wenn sie da ist, und ich bekomme viel mehr Aufmerksamkeit.“
Die Katze sollte in Gegenwart des Hundes nie laut angesprochen oder gar grob behandelt werden. „Für manche Hunde ist das ein Startsignal zum Angriff“, sagt Lösche.
Sollte der Hund die Katze jagen wollen oder aggressiv reagieren, heißt es: Ihn aus der Situation nehmen, aber nicht abstrafen. „Das überträgt er sonst auf die Katze, und es würde die Beziehung weiter erschweren.“
Doch ganz gleich, ob man zuerst einen Hund oder zuerst eine Katze hat: Die Katze benötigt auf jeden Fall immer einen sicheren Rückzugsort, zu dem ihr der Hund auf gar keinen Fall folgen kann. „Und dann muss man sich Zeit nehmen und beobachten und ganz viel schauen, wie reagiert die Katze: Ist sie gestresst? Stellt sie die Rückenhaare auf? Erstarrt sie oder stelzt sie von dannen? Dann hat sie Angst oder ist angriffslustig“, beschreibt die Tierverhaltensberaterin.
Auch Hund und Katze müssen erst noch voneinander lernen, welche unterschiedlichen Sprachen sie sprechen. „Viele Probleme entstehen durch Kommunikationsschwierigkeiten“, sagt Rieker. „Wenn der Hund mit dem Schwanz wedelt, ist es nun mal Freude. Und bei der Katze bedeutet es Angst und Aggressivität. Und wenn sie damit schlägt, muss man aufpassen, dass sie nicht gleich angreift.“
Eine entscheidende Rolle spielt auch der Halter und seine Stimmung: „Gelassen sein - das ist das Wichtigste“, betont Lösche. Denn wenn ich selbst unsicher und skeptisch bin, ob und wie die Begegnung funktioniert, überträgt sich das automatisch auf die Tiere und vergrößert noch den Stress. Gleichwohl ist die Expertin zuversichtlich: „Manchmal dauert es Wochen, Monate oder gar Jahre: Aber wenn man ihnen Raum und Ruhe lässt und selbst Geduld hat, wird es funktionieren.“
Hund und Katze sollten sich dabei mit gebührendem Abstand aus dem Weg gehen können. „Einander fremde Tiere auf 35 Quadratmetern zusammenzuführen, kann zur großen Herausforderung werden. Selten mit positivem Ausgang“, so die Expertin.
Auch im täglichen Leben gibt es dann immer wieder einige Verhaltensregeln, die man beachten sollte, um der Beziehung die Spannung zu nehmen: Grundsätzlich etwa sollte der Hund vor der Katze sein Futter bekommen. Bei einem sehr futterneidischen Hund sollte man die Fressnäpfe weit voneinander entfernt platzieren und getrennt füttern, damit die Katze ihre Ruhe hat - sonst verweigert sie sehr schnell ihr Futter.
Gleichzeitig sollte man nicht immer denken, dass man die kleine süße Mieze beschützen muss: „Dann wird der Hund leicht eifersüchtig“, warnt Lösche. „Besser ist es, sie gleichwertig zu behandeln.“
Die meisten Chancen einer guten Zusammenführung sieht Rieker darin, die beiden Tiere möglichst früh aneinander zu gewöhnen. „Je eher, umso besser. Gemäß dem Motto: Was Fritzchen nicht kann, lernt Fritz nimmermehr.“ Und auch Patricia Lösche ist überzeugt: „Am optimalsten wäre es, man holt sich einen Hunde- und einen Katzenwelpen. Dann wachsen die beiden zusammen auf, lernen sich dabei gut kennen und werden leichter Best Buddies.“
Und wenn man dann noch Tiere auswählt, die schon von zu Hause aus die jeweils andere Art von klein auf kennen, kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen. „Meistens klappt es ja auch“, unterstreicht Thomas Rieker. Er schätzt, dass das Zusammenleben nur in ungefähr fünf Prozent aller Fälle gar nicht funktioniert „und die Besitzer völlig entnervt sind.“
Bevor die Nerven bei allen blank liegen, sollte man sich laut Patricia Lösche um einen Verhaltensberater bemühen, der sich mit beiden Tierarten auskennt und vor Ort die Gesamtsituation begutachtet, oder einen Tierarzt für Verhaltenstherapie hinzuziehen.
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