Verurteilte Temposünder sollten in der Begründung des Gerichts die Angaben zur Messmethode genau studieren. Denn wurde etwa mit dem sogenannten Videonachfahrsystem Provida/Vidista gemessen und ausgewertet, dürfen im Urteil einige Angaben nicht fehlen.
Dazu gehören der Abstand des oft zivilen Polizeiautos zum verfolgten Auto. Auch Angaben zum berücksichtigten Toleranzabzug dürfen nicht fehlen. Ansonsten kann ein darauf fußendes Urteil keinen Bestand haben.
Das zeigt eine Entscheidung (Az.: 1 ORbs 144/24) des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg, auf die die Arbeitsgemeinschaft (AG) Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.
In dem Fall war ein Autofahrer von einem Amtsgericht verurteilt worden. Es ging um einen Tempoverstoß. Der Mann hatte die zulässige Geschwindigkeit zweimal außerhalb geschlossener Ortschaften überschritten: einmal um 53 km/h und einmal um 46 km/h.
Ein ihm folgendes Polizeiauto dokumentierte die Verstöße mit Hilfe eines Videoverfahrens. Dabei und bei der Auswertung griff man auf das System Provida/Vidista zurück. Der Mann wurde zu einer Geldbuße in Höhe von 640 Euro sowie zu einem einmonatigem Fahrverbot verurteilt. Dagegen ging der Betroffene vor.
Und tatsächlich hob das OLG Brandenburg das Urteil des Amtsgerichts auf: Es fehlten im Urteil Angaben zum Abstand zwischen dem Polizeiauto und dem verfolgten Auto, begründete die Kammer.
Zudem wurden auch keine Angaben zum Toleranzabzug gemacht. Laut Gericht müssten aber diese im Zusammenhang mit dem genutzten System zwingend erfolgen. Fehlen sie, könne das Urteil keinen Bestand haben.
Wenn der Fall wieder an das Amtsgericht zurückgeht, kann dieses die fehlenden Angaben nach einer erneuten Beweisaufnahme in sein Urteil aufnehmen, erläutert Rechtsanwalt Christian Janeczek von der AG Verkehrsrecht des DAV. Wegen der lange zurückliegenden Tat könne es auch sein, dass in einem neuerlichen Urteil das Fahrverbot wegfällt.
Die Verkehrsrechtler sehen in dem OLG-Beschluss „erhebliche Auswirkungen für die Praxis“. Er verdeutliche die Bedeutung genauer Tatsachenfeststellungen bei Geschwindigkeitsmessungen mit Provida/Vidista.
Sowohl das Messverfahren selbst als auch unzureichende Tatsachenfeststellungen böten Angriffspunkte für die Verteidigung. Es könne sich also lohnen, genau zu schauen, welche Technik zum Einsatz gekommen ist, so der DAV. Die erforderlichen Angaben stünden im Messprotokoll, in das man Einsicht verlangen kann.
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