Fremden Menschen die Schlüssel zur eigenen Wohnung geben und im Gegenzug öffnen sich für einige Tage oder Wochen die Türen zu deren Bleibe: Das Konzept des Wohnungstauschs ist eine ideelle, persönliche und preisgünstige Form des Reisens.
Christian Rumpke hat viel Erfahrung damit. Um die 30-mal hat er schon getauscht, er war in Wohnungen in Prag, in den Pyrenäen, in Nordnorwegen und auf Menorca. Doch es waren nicht nur die Orte, die ihm im Gedächtnis geblieben sind: „Das Prägendste bei alldem war die Erfahrung, wie viele freundliche und vertrauensvolle Menschen es doch auf dieser Welt gibt“, sagt Rumpke.
Gleichzeitig kennt der erfahrene Wohnungstauscher auch die Fallstricke, die dabei drohen können. Denn als Chef der Verbraucherzentrale Brandenburg ist Rumpke von seiner Profession her „ein Bedenkenträger“ wie er selbst sagt. Worauf kommt es also an beim Wohnungstausch? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick.
Ein Haus an der Küste, ein Loft in Berlin: Liegt die eigene Bleibe in attraktiver Lage, erhöht das die Tauschmöglichkeiten. Aber das heißt nicht, dass die Wohnung in einer Kleinstadt oder auf dem Dorf nicht tauschbar ist. „Jemand, der aus der Großstadt kommt, sucht vielleicht genau so etwas“, sagt Rumpke. „Es kommt immer auf die Konstellation an.“
Der Weg führt in aller Regel über Tausch-Plattformen im Internet wie HomeExchange, HomeLink oder People Like Us. Los geht's mit einem Eintrag zur eigenen Wohnung – wo sie liegt und was sie bietet. Dazu schreibt man, zu welchen Zeiten man sie tauschen würde und welche geografischen Vorlieben man hat. Es gibt viele weitere Kriterien, die man angeben kann: Haus, Wohnung oder Ferienhütte? Zahl der Schlafzimmer? Pool? „Aber das Wesentlichste am Anfang sind sicher die Region oder der Ort und das Datum“, sagt Rumpke.
Die Plattform sucht dann über ihren Algorithmus passende Einträge anderer Nutzer heraus. Ist etwas Spannendes dabei, schickt man eine Anfrage für einen Tausch. Umgekehrt können andere Nutzer einen ebenfalls anfragen.
„Alles ist möglich“, sagt Rumpke. Der eine reist zunächst zum anderen und bekommt da die Schlüssel. Oder man trifft sich auf halber Strecke. Oder der Schlüssel liegt in einem Versteck, in einem Schlüsselkasten mit Code oder beim Nachbarn. „Wir hatten es auch schon, dass der Schlüssel vorab per Post geschickt wurde“, sagt Rumpke.
Generell sind die Absprachen beim Wohnungstausch individuell: Das betrifft nicht nur die Schlüsselübergabe, sondern beispielsweise auch die Frage der Reinigung. Insofern sei der Tausch in der Anbahnung aufwendiger, als wenn man ein Ferienhaus klassisch über ein einschlägiges Portal bucht, bei dem der Prozess standardisiert und mit einigen Klicks erledigt ist. Nicht nur deshalb ist es ratsam, lieber mit ausreichend Vorlauf zu planen, wenn man für den Urlaub die Wohnung tauschen will.
Ja, das ist die ideelle Idee hinter dem Konzept. Rumpke bezeichnet es als „unmittelbares Geben und Nehmen, ohne das Euro oder Dollar im Spiel sind“. Insofern sei der Wohnungstausch auch weniger kommerzialisiert als etwa das Anmieten von Ferienwohnungen. Die einzigen Kosten, die in der Regel anfallen, sind die Gebühren für die Plattformen. Diese variieren je nach Anbieter und liegen oft bei rund 150 Euro pro Jahr. Rumpke rät, stets erstmal eine Testmitgliedschaft zu machen.
Auf den Plattformen müssen sich Nutzerinnen und Nutzer verifizieren, mit Telefonnummer, Mail-Adresse und teils mit Ausweisdokumenten. Das alles schützt aber natürlich nicht vor Betrug. Rumpke rät deshalb, auf die Bewertungen anderer Nutzer für eine Wohnung zu schauen. „Ich fand es in der Vergangenheit auch immer hilfreich, mit dem- oder derjenigen zu telefonieren“, sagt er. Noch besser ist ein Videoanruf, bei dem man sich dann gegenseitig durch die Wohnungen führt.
Wer dann auf Nummer sicher gehen will, kann mit einer einfachen Internetsuche noch die Angaben der Person überprüfen, die die andere Wohnung anbietet.
Vor dem Tausch sollte auch ein Vertrag online abgeschlossen werden, in dem die wesentlichen Rahmenbedingungen festgehalten sind, so der Fachmann: „Mit wie viel Personen reist man an, wie verlässt man die Wohnung, sind Haustiere involviert und solche Dinge.“
Aber, und das betont der Verbraucherschützer: „Ein Wohnungstausch ist nichts für Juristinnen oder Juristen. Ein bisschen mutig muss man sein.“
Rechtlich würde man mit „Es kommt immer darauf an“ antworten, sagt Rumpke. Er rät, zunächst in den Mietvertrag zu schauen, ob so etwas dort explizit ausgeschlossen wird. Falls dem so ist, könne man sich dann allerdings immer fragen, ob solche Ausschlüsse überhaupt haltbar sind. Denn ein Tausch habe, anders als eine Vermietung, ja keinen kommerziellen Charakter. Und wenn Freunde oder Verwandte für einige Tage in der Wohnung bleiben, sei das ja für gewöhnlich auch unproblematisch.
Im Zweifel gilt der Rat, mit dem Vermieter oder der Vermieterin über die Pläne zu sprechen. „Eigentlich haben die ja auch immer ein Interesse daran, dass die Wohnung bewohnt ist“, sagt Rumpke. Es werde regelmäßig gelüftet und das Einbruchrisiko sinke.
Mit Blick auf Einbrecher empfiehlt es sich ohnehin, wertvolle Besitztümer in der Wohnung erst gar nicht oder nur sicher verschlossen und versteckt aufzubewahren. Beim Wohnungstausch gilt das analog.
Rumpke lenkt den Fokus aber noch auf etwas anderes: „Man stellt einer erstmal fremden Person die eigenen vier Wände zur Verfügung. Sie schläft im eigenen Bett. Dessen muss man sich bewusst sein.“ Das sei nicht jedermanns Sache.
Für ihn ist diese Übernachtungsform aber genau das Richtige. „Allen Wohnungstauschen bisher war eigentlich immer gemeinsam, dass zwischen Menschen, die einander nicht kennen, plötzlich eine Verbindung entsteht“, sagt er. „Und dass man anderen Menschen durchaus vertrauen darf.“
© dpa-infocom, dpa:250521-930-575062/1