Wer nachts am Steuer eines Autos im Umkreis von bekannten Festivitäten unterwegs ist, fährt besser vorsichtig. Denn es ist mit Fußgängern und Angetrunkenen in der näheren Umgebung zu rechnen.
In besonders hohem Maß aufmerksam und umsichtig müssen aber Fahrerinnen und Fahrer von Shuttle-Bussen sein, die zum Transport der Gäste bei solchen Feiern eingesetzt werden. Wer bei so einem Einsatz unaufmerksam fährt und einen Unfall verursacht, muss allein haften. Das gilt auch bei einem stark betrunkenem Unfallopfer, sofern durch dessen Alkoholisierung kein Mitverschulden begründet werden kann.
Das zeigt eine Entscheidung (Az.: 7 U 104/23) des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig, auf welche die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.
Im dem Fall hatte ein Mann eine Landjugendfeier besucht und sich dann am frühen Morgen an einem Straßenrand auf ein Beton-Bauteil gesetzt, während er auf einen Freund wartete. Der Mann war dort mit seinem Handy beschäftigt, als ein bei der Feier eingesetzter Shuttle-Bus herannahte.
Der Bus fuhr in eine Kurve und überrollte dabei mit den hinteren Rädern die Füße des Mannes. Dieser erlitt Quetschungen beider Füße – wobei einer durch eine frühere Teilamputation vorgeschädigt gewesen war. Der Mann hatte einen Alkoholwert von 1,92 Promille. Er klagte auf Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Denn der Busfahrer wollte den Unfall angeblich nicht bemerkt haben. Auch die Versicherung bestritt die Ursächlichkeit der Verletzungen und den geltend gemachten Schaden. In jedem Fall aber träfe den Kläger ein weit überwiegendes Mitverschulden: Aufgrund seiner Alkoholisierung sei er nicht ausgewichen.
Das Landgericht hatte dem Kläger ein Schmerzensgeld von 4.000 Euro sowie weiteren Schadenersatz zugesprochen. Dagegen ging die Gegenseite in Berufung. Das OLG Schleswig wies diese aber zurück. Es bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.
Denn es sah es - unter anderem durch ärztliche Unterlagen und Gutachten - als erwiesen an, dass der Bus tatsächlich über die Füße des Klägers gefahren war und entsprechende Verletzungen verursacht hatte. Das Beton-Bauteil, auf dem das Unfallopfer saß, hatte sich in einem für den allgemeinen Verkehr gesperrten Bereich befunden. Der Mann hätte den Angaben zufolge nicht damit rechnen müssen, dort von einem Fahrzeug erfasst zu werden.
Auch die Alkoholisierung des Mannes spielte beim Unfallgeschehen keine Rolle. Dass er den Bus erst zu spät bemerkt hatte, könnte auch mit - nicht vorwerfbarer - Unaufmerksamkeit oder Ablenkung erklärt werden, so das Gericht.
Die Richter betonten, dass ein Busfahrer, der im Rahmen des Shuttle-Dienstes zu nächtlicher Stunde bei einer Landjugendfeier eingesetzt wird, mit regem Fußgängerverkehr und auch mit angetrunkenen Gästen rechnen müsse. Dies erfordere ein besonders hohes Maß an Aufmerksamkeit und Umsicht.
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