Nach der Zustimmung für die Herrnhuter Brüdergemeine hofft auch Schwerin auf den begehrten Unesco-Welterbetitel. Das zuständige Komitee der UN-Organisation für Kultur, das derzeit im indischen Neu-Delhi tagt, wird voraussichtlich am heutigen Samstag seine Entscheidung bekanntgeben.
In der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns, die das Schloss, ergänzt um Teile der historischen Altstadt, ins Zentrum ihrer Bewerbung gerückt hatte, sind alle Vorbereitungen für eine Jubelfeier getroffen.
An mehreren Orten wird die Tagung in Neu-Dehli per Livestream übertragen. Eine Ablehnung des Antrags käme einer großen Enttäuschung gleich. Schwerin verspricht sich von der Aufnahme auf die Unesco-Liste des Weltkulturerbes eine touristische Aufwertung und auch international größere Aufmerksamkeit.
Nach Einschätzung der Unesco erlangen die meisten Kultur- und Naturerbestätten mit ihrer Einschreibung eine gesteigerte Bekanntheit, die sich auch in einer Zunahme der Besucherzahlen zeigt. Ein Beispiel ist die Hansestadt Wismar, die zusammen mit Stralsund im Jahr 2002 aufgenommen wurde. Dort haben sich den Angaben zufolge seither die Übernachtungszahlen mehr als verdoppelt. Eine Entwicklung, die nicht von allen gutgeheißen wird und auch in Schwerin schon Kritiker auf den Plan rief.
Das Residenzensemble früherer Mecklenburger Herzöge umfasst neben dem auf einer kleinen Insel im Schweriner See errichteten Schloss 36 weitere Gebäude und Anlagen, die zumeist aus dem 19. Jahrhundert stammen.
Dazu zählen unter anderem der Marstall, in dem heute Ministerien untergebracht sind, Theater, Museum, aber auch die einstige Hofwäscherei. Der Dom und die Schelfkirche dienten als Grablegen der Herzöge. Auch der Hauptbahnhof mit seinem einst der Herrscherfamilie und ihren Gästen vorbehaltenen Fürstenzimmer wird in den Antragsunterlagen mit aufgelistet.
Das im Kern viel ältere Schloss erhielt erst Mitte des 19. Jahrhunderts sein heutiges romantisches Aussehen, das es zum Besuchermagneten und auch schon zur Kulisse internationaler Filmproduktionen machte. So war es Schauplatz in „Kingsman: The Golden Circle“. Heute beherbergt das zu DDR-Zeiten als Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen genutzte Schloss ein Museum und ist Sitz des Landtags samt Verwaltung.
Diese Gesamtheit der Gebäude macht das Schweriner Ensemble aus Sicht der Welterbe-Befürworter zu einem Zeugnis der Monarchie und einer typisch deutschen Residenz ihrer Zeit. Deshalb sei das Ensemble es wert, auf die Liste des Welterbes zu gelangen, hieß es.
Schwerins historisches Zentrum erlitt im Zweiten Weltkrieg keine Bombenschäden, doch mussten zu DDR-Zeiten ganze Straßenzüge Plattenbauten weichen. Die hochherrschaftlichen Gebäude aber blieben erhalten, wurden aufwendig saniert und beherbergen heute zumeist Ministerien.
Am Freitag nahm das Unesco-Komitee die sächsische Kleinstadt Herrnhut als Teil der Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine einstimmig in die Welterbe-Liste auf. Herrnhut ist der Ursprung für die evangelische Vereinigung. Protestantische Glaubensflüchtlinge aus Mähren gründeten den Ort vor gut 300 Jahren. Das fehlende „d“ im Namen der Gemeinde ist der Sprache der damaligen Zeit geschuldet.
Weltweit gibt es inzwischen mehr als 1200 Welterbestätten. Zu den bekanntesten und damit meistbesuchten gehören das Taj Mahal in Indien, Angkor Wat in Kambodscha, die Inka-Stadt Machu Picchu in Peru, die Chinesische Mauer, die Pyramiden von Gizeh oder die Felsenstadt Petra in Jordanien.
Deutschland zählt mehr als 50 dieser Stätten, darunter der Aachener Dom, die Martin-Luther-Gedenkstätten in Eisleben und Wittenberg sowie die Wartburg, die Bauhaus-Stätten in Weimar, Dessau und Bernau, Schloss Sanssouci in Potsdam oder Zeche Zollverein in Essen.
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