US-Präsident Donald Trump gilt nicht als Freund von Bildung und Wissenschaft. Etliche Stellenstreichungen und Budgetkürzungen wurden für die US-Forschung festgelegt, zudem kehrte sich Trump von der Weltgesundheitsorganisation und dem Pariser Klimaabkommen ab. „Die Auswirkungen sind nicht auf die USA begrenzt, denn Wissen und Wissenschaft sind global vernetzt“, betont Sven Grimm vom German Institute of Development and Sustainability (IDOS) in Bonn.
Kürzungen etwa bei den US-Gesundheitsbehörden NIH und CDC erhöhten die globalen Risiken für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten, erklärte Grimm. „Insbesondere im südlichen Afrika, aber auch weit darüber hinaus dürfte dies schwerwiegende Folgen für die individuelle Gesundheit und für Gesundheitssysteme haben – und für die Entwicklungsmöglichkeiten von Gesellschaften.“
Mit den erfolgten und angekündigten Maßnahmen werde die Aufgabe der Wissenschaft unterminiert, verlässliches, unabhängiges Wissen für die Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, sagte Katrin Böhning-Gaese vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. „Wenn zum Beispiel die Toxizität von Chemikalien nicht mehr bekannt ist, dann ist die Gesundheit der Menschen lokal und global gefährdet.“
Als ein weiteres Beispiel nennt Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Essen, das Vogelgrippe-Virus H5N1 in den USA, das dort unter anderem bei Rindern kursiert. Bei den ersten Fällen in Texas habe die dortige republikanische Regierung die Untersuchungen massiv beeinflusst, indem sie etwa Analysen von Milchproben verhinderte, erklärte der Virologe. Erst seitdem das Virus in Kalifornien angekommen sei, einem von den Demokraten regierten Staat, habe die Wissenschaft wichtige Virussequenzen.
Was in Texas passierte, sei nun auch bei der Gesundheitsbehörde CDC, die früher sehr transparent gewesen sei, zu sehen. „Nun schweigt man zum Beispiel bei den beobachteten H5N1-Infektionszirkeln zwischen Hauskatzen und Menschen“, sagte Dittmer. Informationen dazu seien aufgrund eines Dekrets der Regierung aktiv von der CDC-Website entfernt worden. „So weit sind wir schon.“
Inwiefern in den USA neu aufflackernde Krankheiten wie die Masern die globale Gesundheit beeinträchtigen werden, ist noch ungewiss. Definitiv Folgen für jeden einzelnen Menschen weltweit hat das Handeln der USA im Bereich Klima. „Erste Abschätzungen gehen davon aus, dass durch Trump im Jahr 2030 vier Milliarden Tonnen an Treibhausgasen – also CO2-Äquivalente – mehr ausgestoßen werden als das unter Biden der Fall gewesen wäre“, sagte Julia Pongratz von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). „Vier Milliarden Tonnen sind etwa so viel, wie die EU und Japan zusammen derzeit in einem Jahr emittieren.“
Gravierende Folgen gebe es auch für Vorhersagen und Warnungen vor Extremwetterereignissen, ergänzte Niklas Höhne, Leiter des New Climate Institute. „Wegen der Kürzungen können einige Klimadaten nicht mehr erhoben werden, was zu weniger akkuraten Vorhersagen von Extremwettereignissen führt. Das ist extrem gefährlich in einer Zeit, in der insbesondere die USA mit Hurrikans, Tornados und Sturmfluten zu kämpfen haben.“
Die Löschung und Veränderung wissenschaftlicher Datensätze sei ein Angriff auf demokratische Wissensgesellschaften ganz allgemein, betonte die Forscherin Böhning-Gaese. „Die weitere Umsetzung der Maßnahmen wäre ein Rückfall ins Mittelalter, da das Wissen für kluge, gute Entscheidungen, wie dies seit der Aufklärung propagiert und entwickelt wurde, massiv erodiert wird“, sagte sie. „Forschende aus aller Welt versuchen derzeit, die Daten zu retten, die US-Behörden vom Netz nehmen.“ Da sei aber extrem aufwendig.
Gekürzt oder ganz gestrichen werden in den USA vor allem Projekte, die nicht in die Ideologie der amerikanischen Regierung passen. Stark eingeschränkt sind Experten zufolge für US-Forschende vielfach auch die Möglichkeiten, zu Kongressen zu reisen oder allein schon via Zoom oder Mail mit Kollegen außerhalb der USA auszutauschen.
„Das kommt letztlich einer Zensur gleich, weil es bedeutet, dass Forschende aus von der Trump-Administration „ausgewählten” Disziplinen sich und ihre Arbeit nicht mehr gleichwertig repräsentieren können“, sagte der Münchner Mediziner Sebastian Noe, Vorstandsmitglied der Deutschen Aids-Gesellschaft.
Lisa Schipper, Professorin für Entwicklungsgeographie an der Universität Bonn, sieht die Entwicklungen in den USA als verheerend an - aber auch als Chance. Bisher habe die US-Wissenschaft die globale Forschung dominiert, zum Beispiel sei von US-Forschern durchgeführte Klimaforschung tendenziell am häufigsten zitiert worden. „Ein Lichtblick könnte sein, dass andere Stimmen aus aller Welt mehr Aufmerksamkeit erhalten“, erklärte Schipper. „Insbesondere aus Entwicklungsländern, in denen umfangreiches Wissen über die Auswirkungen des Klimawandels, Anpassung und Vulnerabilität vorhanden ist, die aber von den Stimmen aus den USA und anderen Ländern des Globalen Nordens bislang übertönt werden.“
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