Bundesinnenministerin Nancy Faeser möchte mit ihren Amtskollegen aus den Ländern lieber über die Verabschiedung bereits vorliegender Gesetzentwürfe sprechen, statt „Scheindebatten“ zur Asylpolitik zu führen. „Die Asylgesuche liegen aktuell um 40 Prozent unter denen des Vorjahres, die Abschiebungen um 20 Prozent über denen des Vorjahres“, sagte die SPD-Politikerin vor Beginn der Herbstkonferenz der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern im brandenburgischen Rheinsberg. Die von ihr inzwischen für alle deutschen Landgrenzen angeordneten Kontrollen hätten zur Festnahme von 1.600 Schleusern geführt, 37.000 Menschen seien zurückgewiesen worden. „Handeln ist entscheidend, nicht Scheindebatten über das Asylrecht“, sagte Faeser.
Sie reagierte damit auf Forderungen der unionsgeführten Innenministerien nach Verschärfungen in der Asyl- und Migrationspolitik. Diese plädieren etwa für eine Ausweitung der Liste sogenannter sicherer Herkunftsländer sowie für eine generelle Zurückweisung - auch von Asylsuchenden - an deutschen Grenzen. Der Anteil der Menschen, die ohne Schutzgrund nach Deutschland kämen, sei unverändert hoch, sagte Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU). „Daher führt kein Weg daran vorbei, dass Migranten, die aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland einreisen wollen, grundsätzlich die Einreise verweigert wird.“ Armenien, Indien, Marokko, Tunesien und Algerien seien sichere Herkunftsländer.
In den ersten zehn Monaten dieses Jahres haben knapp 200.000 Menschen erstmalig in Deutschland einen Asylantrag gestellt - rund 25 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Von einem Asylgesuch sprechen die Bundesbehörden, wenn jemand bei oder nach seiner Einreise die Absicht äußert, Schutz zu beantragen. Die Statistik der Asylanträge bezieht sich dagegen auf formelle Anträge, die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gestellt werden. Nicht jeder, der ein Asylgesuch äußert, stellt hinterher auch einen Asylantrag in Deutschland.
Jenseits der Asylthematik sieht Faeser Handlungsbedarf. „Diese Innenministerkonferenz bietet die Möglichkeit, parteiübergreifende Lösungen zu finden, die jetzt zum Schutz der inneren Sicherheit notwendig sind“, sagte sie. Sie wolle in Rheinsberg über die Gesetzentwürfe zum Schutz kritischer Infrastrukturen, zur Stärkung der Cybersicherheit und zur Gesichtserkennung von Terrorverdächtigen, Mördern und Vergewaltigern sprechen, ebenso über die Pflicht zur IP-Adressen-Speicherung.
© dpa-infocom, dpa:241204-930-307959/1