Soll es der schöne Altbau mit Stuck, der flache Bungalow im Bauhaus-Stil oder doch besser ein erst kürzlich gebautes Haus werden? Bei der Suche nach einer gebrauchten Immobilie sollten Käufer auch auf das Baujahr achten. Denn diese Angabe ermöglicht häufig Rückschlüsse darauf, welche baulichen Mängel einen unter Umständen erwarten.
Bestimmte Probleme können sich nämlich bei bestimmten Häuser-Jahrgängen häufen und dann teure Sanierungsmaßnahmen nach sich ziehen. Welche Arbeiten bei welchen Jahrgängen oft erforderlich sind und wie sie diese möglichst umgehen - die wichtigsten Fragen und Antworten.
„Grundsätzlich schon“, sagt Fachbuchautor Peter Burk. Denn vor dem 1. Weltkrieg gebaute Gebäude zeichnen sich durch eine stabile Bauweise aus und seien bis heute sehr beliebt.
Allerdings: „Sie wurden damals oft mit schönem Zierrat aber noch ohne allzu viel Wissen rund um die Bauphysik geplant und gebaut“, so Burk, der unter anderem für die Stiftung Warentest sowie die Verbraucherzentrale Bücher zum Kauf einer Immobilie geschrieben hat.
Wer so ein Haus kauft, müsse also damit rechnen, dass die Bereiche Wärmeschutz, Schallschutz und Kellerdichtung bei der Errichtung praktisch keine Rolle gespielt haben. „Auch der Bereich Haustechnik, also Heizung, Wasser, Abwasser, Elektroinstallation, war meist unterentwickelt“, erklärt Burk. Häuser aus der Zeit bis 1920 müssten also entsprechend nachgerüstet und modernisiert werden, um den aktuellen Bedürfnissen zu entsprechen.
Allerdings: Die meisten dieser Häuser stehen heute nicht mehr so da, wie sie einst gebaut wurden. „Viele Eigentümer haben im Laufe der Jahrzehnte ihre Häuser immer wieder auf ein zeitgemäßes Niveau gebracht“, sagt Corinna Kodim vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Sie nennt einige Beispiele: Sie hätten oft einfache Fenster ausgetauscht, das Dach neu gedeckt, Wände und Decken gedämmt, Feuerstätten und Schornsteine erneuert.
Nach der Gründerzeit wurden die Häuser einfacher und weniger repräsentativ gebaut. Architekten und Bauherren setzten die Bauhaus-Idee um: klare Linien, schmale Wände, Einfachverglasungen.
Ein Vorteil dieser Häuser: Es wurde damals weitgehend noch keine Bauchemie verwendet. „Aber wie bei den Gründerzeithäusern ist auch hier die Bauphysik unzureichend - Kellerabdichtungen, Wärmeschutz und Schallschutz sind daher meist ungenügend“, lautet die Einschätzung von Burk. Zudem wurden Flachdächer, die in Mode kamen, ihm zufolge vielfach fehlerhaft ausgeführt.
Wenn ein Haus unmittelbar nach dem Krieg bis in die 1950er Jahre gebaut wurde, kann der Kauf böse Überraschungen mit sich bringen. Denn: „Beim unmittelbaren Wiederaufbau wurden oft Materialien aus dem Bauschutt verwendet, die eigentlich nur bedingt geeignet waren“, sagt Klaus-Jürgen Edelhäuser von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.
Als Beispiele nennt er: verunreinigte Sande oder durch Feuer geschädigte Mauersteine. Kein Wunder: „Es ging darum, den Menschen möglichst schnell wieder ein Dach über dem Kopf zu verschaffen.“
„Von der Bausubstanz her schon“, sagt Peter Burk. Aber auch hier gilt: Wärme- und Schallschutz wurden erst ab den späten 1970er Jahren stärker beachtet. Statt mit Kohle wurde dann zunehmend mit Öl geheizt.
Häuser aus dieser Zeit könnten zudem statische Probleme haben. „Außerdem können die damals oft verwendeten Folien auf den Flachdächern undicht sein“, sagt Corinna Kodim. Ein weiteres Problem seien marode Leitungen, „durch die im Laufe der Jahre Wasser ins Mauerwerk eindringen konnte.“ Wer so ein Haus kauft, müsse also mit erheblichen Sanierungskosten rechnen - falls das Gebäude nicht schon umfassend modernisiert wurde.
„Außerdem begann in den späten 1950er und dann verstärkt ab den 1960er Jahren der Einsatz von Holzschutzmitteln und Asbest“, gibt Edelhäuser zu bedenken. „Die stecken in den meisten Fällen immer noch in den Häusern.“
„Auch sie können Asbest enthalten“, so Edelhäuser. Denn: „Erst 1993 wurde der Einsatz dieses Materials verboten“, erklärt der Fachmann.
Doch Häuser aus den 1980er bis 1990er Jahren haben noch andere Altlasten, etwa Mineralwolle in Dachdämmungen, formaldehydhaltige Bauteile und gefährliche Holzschutzmittel, die zum Beispiel bei Holzverkleidungen an Decken und Wänden verwendet wurden. „All das kann sie zu aufwendigen Sanierungsfällen machen. Dazu kommt, dass die Sanitärinstallation oft marode und korrodiert ist“, so Burk.
Häufig haben diese Häuser auch einen hohen Energieverbrauch. „Erst Ende der 1970er Jahre wurde Wärmedämmung ein Thema. Vorher hat man sich mit der Gebäudehülle wenig beschäftigt“, erklärt Burk.
Diese Häuser sind viel energieeffizienter als ältere Gebäude. „Häuser, die 2000 und später gebaut wurden, haben in der Regel einen guten Dämmstandard, eine effiziente Heizung, ein durchdachtes Lüftungskonzept sowie moderne Sanitär- und Elektroinstallationen“, sagt Kodim. Aus ihrer Sicht lassen sich diese Gebäude mit überschaubaren Maßnahmen fit für die Zukunft machen, etwa mit einer klimafreundlichen Heizung sowie einer Photovoltaik-Anlage und einer Solarthermieanlage.
„Ganz wichtig ist der Energieausweis“, so Edelhäuser. Denn dieses Dokument „gibt Auskunft über den energetischen Zustand des Hauses und enthält Empfehlungen und Verpflichtungen zur energetischen Verbesserung.“
Doch das Dokument allein reicht nicht aus, damit Käufer und wissen, was auf sie zukommt. „Am besten wäre es, wenn der Käufer Einsicht in die komplette Bauakte bekäme“, rät Kodim. Dazu gehört auf jeden Fall die Baugenehmigung. Wenn Käufer diese Dokumente nicht haben, sollten sie unbedingt das Bauamt aufsuchen. Denn: „Liegt keine Baugenehmigung vor, kann es passieren, dass das Haus abgerissen werden muss“, so Kodim - und zwar egal, in welchem Zustand das Gebäude ist.
Der energetische Zustand eines Hauses sei weniger problematisch. „Der lässt sich mit einigem Aufwand auf den aktuellen Stand bringen“, so die Einschätzung von Peter Burk. Schwieriger werde es, wenn die Bausubstanz marode sei oder sehr viele Schadstoffe verbaut wurden. „Dann kann es sein, dass es sich gar nicht lohnt, in so eine Immobilie noch zu investieren.“
Aber auch scheinbare Äußerlichkeiten können die Kaufentscheidung fraglich machen. „Risse im Mauerwerk, die die Statik gefährden, Hausschwamm, Ungeziefer - all das kann zum aus eines Hauses führen“, warnt Kodim.
Edelhäuser gibt zudem zu bedenken, dass auch der Austausch einer veralteten Heizungsanlage sowie die Erneuerung der Sanitär-Elektroinstallationen sehr teuer werden kann.
Fazit: Ältere Häuser sind bei vielen Menschen begehrt, weil sie oft einen eigenen Charme haben, in schönen Gegenden sowie inmitten einer gewachsenen Infrastruktur liegen. Doch solche Gebäude haben auch ihre Zipperlein, die Käufer nicht unterschätzen sollten.
Tipp: Am besten fragen Sie vor dem Kauf einen unabhängigen Fachmann, welche Maßnahmen Sie auf jeden Fall in Angriff nehmen sollten und mit welchem finanziellen Aufwand diese Kaufentscheidung verbunden ist.
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