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Veröffentlicht am 24.03.2024 09:57

Kainismus: Wiedehopf verfüttert Küken an Geschwister

Ein Wiedehopf wird von einem Vogelberinger in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide in der Hand gehalten, um die Küken im Nest beringen und wiegen zu können. (Foto: Jens Kalaene/dpa)
Ein Wiedehopf wird von einem Vogelberinger in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide in der Hand gehalten, um die Küken im Nest beringen und wiegen zu können. (Foto: Jens Kalaene/dpa)
Ein Wiedehopf wird von einem Vogelberinger in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide in der Hand gehalten, um die Küken im Nest beringen und wiegen zu können. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Bei Wiedehopfen ist es äußerst riskant, zu den kleineren Geschwistern zu zählen: Die auch hierzulande vorkommenden Vögel verfüttern jüngere Küken häufig an ältere, um deren Überleben zu sichern, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal „The American Naturalist“. Die Kleinsten dienen demnach als eine Art lebende Speisekammer für ihre kannibalistischen Geschwister.

Der Wiedehopf (Upupa epops) ist mit seinem pompösen, orangenen Federkamm auf dem Kopf und dem langen, gebogenen Schnabel ein sehr auffälliger Vogel. Im 19. Jahrhundert noch gebietsweise häufig, gehört er heute zu den gefährdeten Arten in Deutschland.

Jeweils ab Anfang März ziehen Wiedehopfe aus Winterquartieren an der westlichen Mittelmeerküste und südlich der Sahara zu uns und suchen sich Höhlen zum Brüten. Während der Eiablage und anfangs auch während der Kükenaufzucht ist das Männchen allein für die Versorgung zuständig, das Weibchen verlässt dann nur selten und kurz das Nest.

Geschwistermord - gar nicht so selten

Von vielen Vogelarten ist bekannt, dass sich Geschwister gegenseitig umbringen, darunter bestimmte Adler, Pelikane und Blaufußtölpel. Kainismus wird diese Tötung eines jüngeren Geschwisters durch ein älteres genannt. Die unliebsame Konkurrenz im Nest wird dabei aber meist nur getötet, nicht gefressen. Das Zweitgeborene ist in solchen Fällen quasi eine biologische Sicherheitsreserve: Schwächelt oder stirbt der Erstling, kommt das jüngere Küken zum Zug; in sehr nahrungsreichen Jahren schaffen es mitunter auch beide Jungvögel, flügge zu werden.

Geschwister-Kannibalismus hingegen komme bei Vögeln nur selten vor, erläutert das Forschungsteam. Und selbst dann würden in der Regel nur aus anderen Gründen verendete Nestlinge gefressen. Wiedehopf-Mütter hingegen verfütterten häufig gezielt muntere junge Küken an deren ältere Geschwister.

Die Forschenden um María Dolores Barón von der Versuchsstation für Trockenzonen EEZA in Almería hatten das Verhalten von Wiedehopfen in Südspanien untersucht. Nistkästen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: In der einen erhielt die Mutter während der Eiablage zusätzliche Nahrung in Form von 25 toten Grillen, in der anderen nicht.

Ergänzend gefütterte Wiedehopf-Weibchen legten im Mittel ein Ei mehr, die Zahl von Geschwistern gefressener Küken war in ihren Nestern ebenfalls höher. Erfasst wurde zudem, dass in Nestern mit viel Geschwister-Kannibalismus die verbleibenden Küken erfolgreicher flügge wurden.

Die Ergebnisse deuten den Forschenden zufolge darauf hin, dass Wiedehopfe absichtlich mehr Eier legen, wenn während der Eiablagezeit reichlich Futter vorhanden ist, um Nahrungsreserven für den Nachwuchs zu speichern. Jüngere Küken dienen quasi als Speisekammer für ihre älteren Geschwister und verbessern deren Überlebenschancen.

Mordende Mütter

Wiedehopfe fressen hauptsächlich Insekten, ihre langen, gebogenen Schnäbel sind zum Töten und Fressen von Küken nicht gut geeignet. Das sei womöglich der Grund dafür, dass Wiedehopf-Mütter oft gezielt ein jüngeres Küken in den Schnabel eines älteren stopfen, das das Geschwisterchen dann im Ganzen schluckt, erklärte Mitautor Juan José Soler in einem Beitrag in „Science“.

© dpa-infocom, dpa:240324-99-446472/4


Von dpa
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