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Veröffentlicht am 26.02.2025 15:31

„Keine Beerdigung“ - FDP-Fraktion tagt nach Wahlpleite

Die Abgeordneten beim Eintreffen zur wohl letzten Sitzung der aus dem Bundestag geflogenen FDP. (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Die Abgeordneten beim Eintreffen zur wohl letzten Sitzung der aus dem Bundestag geflogenen FDP. (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Die Abgeordneten beim Eintreffen zur wohl letzten Sitzung der aus dem Bundestag geflogenen FDP. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Es wirkte wie immer: Fernsehkameras waren aufgebaut, Journalisten warteten, das Rednerpult stand vor der gelben Wand mit der Aufschrift „Fraktion im Bundestag FDP“. Doch die Ansage einer Mitarbeiterin „kein Statement, keine Bilder im Fraktionssaal“ machte schnell klar: Hier ist nichts wie früher. Die FDP-Fraktion, bei der Wahl am Sonntag wie 2013 schon mal hochkant aus dem Bundestag geflogen, traf sich zu ihrer voraussichtlich letzten Sitzung. 

„Es ist keine Beerdigungsstimmung. Ich war 2013 auch dabei, also es ist keine Beerdigung, sondern es wird weitergehen mit der FDP“, sagte der frühere FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai beim Hineingehen. „Nach 35 Jahren Parlamentszugehörigkeit jetzt zu wissen, das ist zu Ende, ist schon ein sehr schmerzhafter Eindruck“, gestand Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki.

FDP hofft auf Rückkehr in vier Jahren

Fraktionschef Christian Dürr, der sonst vor den Fraktionssitzungen gern längliche Stellungnahmen in die Mikrofone sprach, nutzte die Gelegenheit, dass die Journalisten gerade mit Kubicki sprachen, um wortlos in den Fraktionssaal zu huschen. Parteichef Christian Lindner erschien gar nicht erst zu der Sitzung. 

Drinnen im Saal machten sich die Liberalen Mut mit einem Schild „Mission Tomorrow“, das an einer Stuhllehne angebracht war und wohl sagen sollte: Wir arbeiten dran, bei der nächsten Bundestagswahl zurückzukommen. Oder wie Djir-Sarai sagte: „Es ist jetzt, wie es ist. Aber die FDP ist stark und die FDP wird weitermachen. Ich bin auch davon überzeugt, dass die FDP in Deutschland gebraucht wird.“. Und deswegen „wird auch die FDP wieder zurückkommen“.

Die Stimmung in der Sitzung schilderte ein Teilnehmer dann als „gefasst, nach vorne gerichtet“. Ob die FDP nach einer außerparlamentarischen Wahlperiode wirklich die Rückkehr in den Bundestag schaffen wird, weiß heute niemand. Viele Bürger glauben nicht daran, wie eine Insa-Umfrage für das Portal „t-online“ zeigt. Nur 26 Prozent der Befragten hielten eine Erholung der Liberalen für wahrscheinlich, 51 Prozent aber glaubten nicht an ein politisches Comeback. 

Ausscheidende Abgeordnete erhalten Diäten weiter

Für die 90 FDP-Abgeordneten endet die politische Karriere jäh. Immerhin fallen sie zunächst einmal relativ weich - vor allem, wenn sie schon länger im Bundestag saßen. Sie erhalten nach Paragraf 18 des Abgeordnetengesetzes ein Übergangsgeld. Pro Jahr Mitgliedschaft im Parlament fließt ihre Abgeordnetendiät einen Monat weiter - und das bis zu 18 Monate lang.

Fraktionschef Dürr beispielsweise kam 2017 in den Bundestag. Er bekommt nun sieben Monate lang seine Abgeordnetenentschädigung von 11.227,20 Euro weitergezahlt. Ein Newcomer wie der Abgeordnete Valentin Abel, der 2021 erstmals in den Bundestag einzog, erhält dieses Übergangsgeld immerhin noch drei Monate lang. 

Mitarbeiter fallen nicht so weich

Den Mitarbeitern der Abgeordneten und der Fraktion geht es längst nicht so gut - ihre Verträge laufen in den nächsten Wochen aus. Sie müssen sich jetzt neue Jobs suchen, was über kurz oder lang aber auch auf die Abgeordneten zukommen wird. 

So mancher wird sich wohl ganz aus der bezahlten Politik zurückziehen. So sagte der Innenpolitiker Konstantin Kuhle dem ARD-„Morgenmagazin“, er werde jetzt in seinen erlernten Beruf als Rechtsanwalt zurückkehren. „Inwiefern dann ehrenamtlich nebenbei noch politisches Engagement eine Rolle spielt, das werden die nächsten Wochen und Monate zeigen.“

Mit dem Mandat fallen für die ausscheidenden Abgeordneten auch viele Annehmlichkeiten weg - von der BahnCard 100 über ein voll ausgestattetes Büro und Mitarbeiter bis zur jederzeit nutzbaren Fahrbereitschaft des Bundestags. Er werde jetzt erst mal wieder lernen müssen, seinen Kalender selbst zu führen, sagte Kubicki und erzählte: „Heute Nacht bin ich aufgewacht und habe gedacht: Mein Gott, Du musst ja jetzt selbst Auto fahren.“

© dpa-infocom, dpa:250226-930-387782/1


Von dpa
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