Bayerns Großstädte verlieren immer mehr Menschen, die aufs Land ziehen. „Wir sehen einen Trend von der Großstadt aufs Land, den wir schon in den 1990er Jahren gesehen haben“, sagte der Präsident des Bayerischen Landesamts für Statistik in Fürth, Thomas Gößl. Allein aus der Landeshauptstadt München seien in den Jahren 2022 und 2023 jeweils 19.000 Einwohner in andere bayerische Regionen gezogen.
Augsburg habe im Jahr 2023 rund 6.000 Einwohner verloren - vor allem an Städte und Landkreise im schwäbischen Umfeld. Bayerns zweitgrößte Stadt Nürnberg habe 2023 dagegen weniger als in den Vorjahren verloren. Nur 250 Menschen zogen von dort per Saldo innerhalb Bayerns weg, meistens nach Franken. In den Jahren zuvor waren es noch 1.900 pro Jahr gewesen.
Mit Beginn der Corona-Pandemie habe die Möglichkeit zum Homeoffice die Gelegenheit eröffnet, auch in deutlicher räumlicher Entfernung zum Arbeitsplatz zu wohnen und von günstigeren Mieten zu profitieren. „Wir haben einen Trend aufs Land - nicht mehr in die Speckgürtel“, sagte Gößl.
Insgesamt wächst Bayern weiter - moderat, wie Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei der Vorstellung der Bevölkerungs-Vorausberechnung bis zum Jahr 2043 erklärte. Die Zahl der Menschen im Freistaat werde um 4,3 Prozent oder 560.000 Personen zulegen - praktisch ausschließlich durch Zuzug aus dem Ausland. In den vergangenen zehn Jahren kamen gut eine Million Menschen aus dem Ausland nach Bayern. Die meisten von ihnen haben Arbeit, wie Gößl sagte.
Ohne Zuwanderung würde die Bevölkerungszahl von derzeit 13,2 Millionen Menschen sinken. Bayern wird nämlich auch älter. Die Zahl der unter 20-Jährigen werde bis 2043 nur um 69.000 steigen, die Zahl der über 67-Jährigen dagegen um 665.000.
In Bayern wachsen der Berechnung zufolge fünf von sieben Regierungsbezirke. In Unterfranken wird eine Stagnation prognostiziert, nur in Oberfranken wird erwartet, dass die Einwohnerzahl um 1,4 Prozent schrumpft. Signifikante Schrumpfungsprozesse gibt es vor allem im Osten Oberfrankens: Die Landkreise Kronach, Kulmbach, Hof, Wunsiedel sowie der angrenzende Oberpfälzer Landkreis Tirschenreuth und die kreisfreie Stadt Hof werden der Berechnung zufolge zwischen 2,5 und 7,5 Prozent ihrer Einwohner verlieren.
Große Gewinner mit einem Plus von mehr als 7,5 Prozent sind dagegen etwa die Allgäuer Landkreise Memmingen, Ostallgäu oder die Stadt Kempten, aber auch eine große Region in Niederbayern um Städte wie Landshut oder Straubing.
Im Vergleich zur vorherigen Vorausberechnung für die Jahre 2012 bis 2032 haben sich deutlich Verschiebungen ergeben. Oberfranken und Unterfranken haben ihren Schrumpfungsprozess gestoppt, der damals bei minus 8,1 Prozent beziehungsweise minus 5,2 Prozent lag. Oberbayern wächst weit weniger stark - nur noch um 4,9 Prozent statt um 10,1 Prozent. Niederbayern (+6,4 Prozent) und Schwaben (+8,1 Prozent) legten deutlich zu, die Oberpfalz schaffte es in den Wachstumsbereich (+4,7 Prozent). Mittelfranken blieb vergleichsweise stabil.
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