Mittleres Management: Der Spagat der Sandwich-Position | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 20.02.2024 01:14

Mittleres Management: Der Spagat der Sandwich-Position

Wer eine Position im mittleren Management bekleidet, muss bei der Arbeit viele Interessen gleichzeitig berücksichtigen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn/dpa)
Wer eine Position im mittleren Management bekleidet, muss bei der Arbeit viele Interessen gleichzeitig berücksichtigen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn/dpa)
Wer eine Position im mittleren Management bekleidet, muss bei der Arbeit viele Interessen gleichzeitig berücksichtigen. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn/dpa)

Die Rolle als Abteilungsleiterin oder Teamchef ist unter Beschäftigten ein häufiges Karriereziel. Sie verspricht Ansehen, Verantwortung und im besten Fall ein besseres Gehalt. Aber so gut die Titel klingen - eine Position im mittleren Management bringt viele Herausforderungen mit sich.

„In einer Sandwich-Position steckt man zwischen unterschiedlichen Ansprüchen“, sagt Wirtschaftspsychologe Andreas Hemsing. Da gibt es einerseits das operative Geschäft, andererseits die strategischen Erwartungen des Managements.

„Man sitzt genau mittendrin“, sagt Karrierecoach Claudia Zeimes. Teamleader müssen dann Ziele und Strategien des Unternehmens mittragen, und die gleichzeitig an die Mitarbeitenden weitergeben - obwohl sie vielleicht gar nicht an der Strategieentwicklung beteiligt waren.

Führungskraft sollte sich als Teil des Leitungsmanagements sehen

Wie kann der Spagat zwischen den Hierarchieebenen gelingen? Für Andreas Hemsing ist entscheidend: „Ich muss mir darüber klar werden, wo meine Zugehörigkeit ist.“ Der Wirtschaftspsychologe rät, sich als Teil des Leitungsmanagements der Organisation zu identifizieren. „Dann treffe ich meine Entscheidungen auch konsequent in der Richtung von dessen Zielen und Erwartungen.“ 

Oder eine Führungskraft positioniert sich im operativen Bereich, als eine Art oberster Klassensprecher. „Dann habe ich aber immer ein Identitätsproblem“, warnt Hemsing. Weil es von Vorstandsseite zwar klare Erwartungen gebe, man sich aber gleichzeitig nach unten mit den Mitarbeitenden gleichstellen will. Die Konsequenz, über die man sich als Führungskraft in Sandwich-Lage bewusst sein sollte: „Ich muss für mich akzeptieren, dass es Menschen gibt, die mich hassen.“ 

Als „Leuchtturm“ in Krisenzeiten

Vor allem dann, wenn es nicht rund läuft. „Führung ist kein Wunschkonzert“, sagt Claudia Zeimes. In bestimmten Zeiten, vor allem in Krisen, brauche es deutliche Ansagen. Der größte Fehler sei, es allen recht machen zu wollen oder nach dem Motto „one fits all“ alle Mitarbeitenden gleich behandeln und keinen individuellen Fokus auf die Einzelnen legen zu wollen.

Entscheidend sind vielmehr klares und schlüssiges Handeln: „Ich muss Erwartungen kommunizieren, Folgen abstimmen und Konsequenzen walten lassen - auch unabhängig von der Person“, sagt Hemsing. Außerdem sei man mit dafür verantwortlich, dass es gewisse Prinzipien und Werte gibt, die für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bindend sind.  Führungskräfte fungieren da als „Leuchtturm“, mit einem Verhalten, das für alle sichtbar und verbindlich ist.

Führungskräfte müssen sich abgrenzen können

Als „Sandwich“-Führungskraft sollte man sich zudem der eigenen Position bewusst sein und diese regelmäßig reflektieren. „Dazu gehört ganz viel Rollenklarheit“, sagt Claudia Zeimes. Auch „intensive Selbstführung“ sei wichtig, damit man sich nicht verzettelt und untergeht. „Nur wer sich selbst führen kann, sollte auch andere führen.“

Andreas Hemsing zufolge, ist darüber hinaus die Fähigkeit, sich abgrenzen zu können, entscheidend. Wer sich für die Zugehörigkeit zum oberen Führungskreis entschieden hat, kann zwar immer noch mit dem einen oder anderen Kollegen essen gehen: „Aber die entscheidenden Gespräche finden im Kreis auf meiner Ebene oder der darüber statt.“ Auch die „kleinen Flapsigkeiten des Alltags“ oder das „Anfrotzeln“ unter Kollegen sollte man für sich nicht zulassen. „Man muss lernen, das abzublocken.“

Emotionale Stabilität gefragt

Woher aber weiß ich, ob ich als Führungskraft im mittleren Management überhaupt geeignet und dem Druck und den Ansprüchen von allen Seiten gewachsen bin? „Auf jeden Fall erfordert diese Position eine gewisse überdurchschnittliche emotionale Stabilität“, sagt Hemsing.

Und man muss sich selbst ehrlich die Frage beantworten, was einen an dieser Position reizt. „Wenn es mir nur um Geld oder Ansehen geht, werde ich mich verheizen. Und ich werde viel zu leicht angreifbar“, sagt der Wirtschaftspsychologe. 

Für das Unternehmen werde man im übertragenen Sinne zu einer Lehmschicht: Man bringe vor allem eigene Interessen ein und verrühre Entscheidungen der Vorgesetzten so lange, bis sie wieder mit den eigenen Bedürfnissen zusammenpassen. „Übergeordnete Projekte sickern dann aber nicht in die Organisation, weil die Lehmschicht sie aufhält.“ Hemsings Appell lautet daher: „Sich weiterhin als Diener der übergeordneten Sache verstehen und nicht der Verfolger von Status- und finanziellen Bedürfnissen sein.“

Der besondere Flow

Claudia Zeimes nennt eine weitere Grundvoraussetzung: „Man muss Menschen mögen.“ Dazu gehöre etwa auch, sie in ihrer Unterschiedlichkeit zu verstehen und ihre Sichtweisen einnehmen zu können.

Bleibt die Frage, ob eine Führungsposition im mittleren Management überhaupt gute Seiten hat. Für Andreas Hemsing ist die Antwort klar: „Wirkung.“ Künftige Team- oder Abteilungsleiter spüren die Auswirkungen ihrer Entscheidung deutlicher, weil sie im größeren Umfang Dinge bewegen können.

Claudia Zeimes formuliert es so: „Wenn man im Team bestimmte Dinge erledigt, die Stimmung gut ist, die Ergebnisse stimmen und man gemeinsam an Themen arbeiten und Zukunft gestalten kann: Das gibt einfach diesen besonderen Flow.“

© dpa-infocom, dpa:240220-99-51325/2


Von dpa
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