Dreieinhalb Jahre nach dem Tod einer Krankenschwester während ihrer Schicht in einem Krankenhaus in Kelheim wird einem Arzt der Prozess gemacht. Dem Mann wird vor dem Landgericht Regensburg Aussetzen mit Todesfolge vorgeworfen. Der Arzt soll der Frau laut Anklage aufgrund einer Migräneattacke zwei Medikamente verabreicht und sie dann nicht überwachen lassen haben. Die Kombinationswirkung verschiedener Medikamente soll zum Tod der 23-Jährigen geführt haben.
Zu Prozessbeginn wies der Arzt die Vorwürfe zurück. Er wolle gerne zur Aufklärung des Todes der Frau beitragen, habe damit aber nichts zu tun. Vielmehr sei er ein Bauernopfer. Gegen den Mann läuft bereits ein zweites Verfahren vor dem Landgericht Regensburg, in dem ihm der Mord an einem 79 Jahre alten Patienten durch eine Überdosis Morphin zur Last gelegt wird. Der Angeklagte bestreitet dies. Der Verteidiger des Mediziners bemängelte unter anderem die Ermittlungsarbeit der Behörden als unzureichend.
Die Krankenschwester hatte den Ermittlungen nach im Dezember 2021 während der Nachtschicht über Migräne geklagt und sich auf eine Liege gelegt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Arzt der Frau Propofol und Ketamin spritzte, nachdem ihr zuvor eine Schwester einen Zugang gelegt haben soll. Es soll nicht unüblich gewesen sein, dass sich Klinikpersonal gegenseitig Zugänge legte, heißt es in der Anklage. Einer als Zeugin geladenen Schwester zufolge sei dies aber nicht üblich.
Der Arzt soll gewusst haben, dass die Schwester an Migräne sowie an einer chronischen Erkrankung gelitten und somit möglicherweise bereits andere Mittel eingenommen gehabt habe. Am nächsten Morgen fand eine Kollegin die 23-Jährige tot auf dem Boden liegend vor. In ihrem Blut seien fünf weitere Substanzen nachgewiesen worden.
Die Befragung dreier Zeugen gestaltete sich angesichts des bereits dreieinhalb Jahre zurückliegenden Geschehens schwierig. Ein ehemaliger Krankenpfleger berichtete, der Arzt habe ihn wenige Tage nach dem Tod der Schwester angerufen, von deren Migräneattacke erzählt und gesagt, man habe „sie schlafen lassen“. Konkretisieren konnte er das nicht. Jedoch habe der Arzt nicht gesagt, er selbst habe der Schwester Propofol gegeben. Der Zeuge sagte, er habe sich später mit einem anderen Arzt über das Telefonat ausgetauscht.
Dieser Arzt sagte als Zeuge, ihm sei damals zunächst von anderer Quelle berichtet worden, die Krankenschwester habe wegen Kopfschmerzen eine „kleine Menge“ Propofol verabreicht bekommen und sich danach selbst mit Propofol suizidiert. Der Pfleger habe dies im Telefonat als nicht plausibel eingeschätzt.
Ob der angeklagte Arzt das Propofol gespritzt haben soll, konnte der Zeuge heute nicht mehr sicher sagen. Der Richter hielt ihm vor, dies in früheren Textnachrichten so formuliert zu haben. Dies wollte der Zeuge heute nicht mehr so konkret bestätigen. Ihm sei eine Gabe von Propofol bei Kopfschmerzen jedoch nicht schlüssig erschienen.
Eine Krankenschwester berichtete als Zeugin, dass sich der nun angeklagte Arzt nach dem Tod der 23-Jährigen ungewöhnlich verhalten habe: Bei einem ungeklärten Todesfall müsse ein Raum normalerweise versiegelt werden, bis die Kripo kommt. In diesem Fall habe der Arzt den Raum aber verändert, so habe er eine ungeöffnete Propofol-Ampulle vom Boden aufgehoben und die Liege mit der Toten in einen anderen Raum geschoben. Das habe sie „äußerst seltsam“ gefunden, sagte die Zeugin. Der Angeklagte sagte dazu, dass man den ursprünglichen Raum nicht habe abschließen können und der eigentlich vorgesehene Abschiedsraum damals anderweitig umfunktioniert gewesen sei.
Für die zwei Prozesse gegen den Mediziner sind jeweils zahlreiche Verhandlungstermine bis in den April hinein vorgesehen.
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