ANregiomed in Ansbach beteiligt sich an einem Modellprojekt, um die Zentrale Notaufnahme (ZNA) zu entlasten. Das Krankenhaus ist erst das zweite in Bayern, das versucht mit „DispoAkut“ ein wenig Druck aus dem System zu nehmen.
Seit Jahren klagen die Notaufnahmen an deutschen Kliniken über eine Überlastung. Aus verschiedenen Gründen landeten immer häufiger Patienten mit Bagatellbeschwerden in der Ambulanz. Die Einrichtungen arbeiteten nicht selten an der Belastungsgrenze. Auch ANregiomed hat schon vor eineinhalb Jahren versucht, die Patienten besser zu steuern und gegebenenfalls wieder heimzuschicken. Mit überschaubarem Erfolg.
2024 hat die ZNA in Ansbach rund 20.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt, teilte ANregiomed auf Nachfrage mit. Hinzu kommen rund 10.000 Menschen, die nach der Behandlung stationär aufgenommen wurden. Und weitere 5000 Patienten hat das Fachpersonal an die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung vermittelt. Diese ist ebenfalls auf dem Klinikgelände untergebracht.
Für das laufende Jahr zeichnet sich ein weiterer Anstieg der Fallzahlen ab. Im ersten Quartal 2025 haben monatlich etwa 400 Patienten mehr die ZNA aufgesucht als in den entsprechenden Monaten des Vorjahres, teilte ANregiomed mit.
Über „DispoAkut“ können nun Patienten mit weniger dringlichen Beschwerden während der Praxisöffnungszeiten direkt an niedergelassene Haus- und Facharztpraxen vermittelt werden. „Patienten und Patientinnen, die selbstständig in die Notaufnahme kommen, werden zunächst von speziell ausgebildetem medizinischen Fachpersonal untersucht und eingeschätzt“, erklärt Chefarzt Dr. Tobias Hübner in einer Pressemitteilung von ANregiomed.
„Wird festgestellt, dass eine Behandlung im Krankenhaus nicht zwingend ist, wird geprüft, ob eine Weiterbehandlung in einer angeschlossenen Arztpraxis möglich ist.“ Hierzu arbeitet ANregiomed nach eigenen Angaben mit mehreren großen Praxen zusammen. Aber auch die eigenen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) von ANregiomed sind Teil des Systems.
Auf den Weg gebracht hat die Machbarkeitsstudie die Kassenärztliche Vereinigung Bayern und das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in Berlin. Zwei Ziele sollen damit erreicht werden, sagt Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried: „Zum einen wird die Notaufnahme entlastet, damit sie sich voll auf die Notfallversorgung konzentrieren kann. Zum anderen können sich Patienten während der Praxisöffnungszeiten oftmals lange Wartezeiten in Notaufnahmen ersparen.“
Bei der Notfallreform, die auf Bundesebene derzeit geplant wird, soll eine effiziente Arbeitsteilung zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern im Mittelpunkt stehen. „Deswegen“, so Stillfried, „wollen wir an verschiedenen Standorten evaluieren, wie gut die vorgesehenen Prozesse unter Alltagsbedingungen funktionieren und welches die Erfolgsfaktoren einer verbesserten medizinischen Arbeitsteilung sind.“ Ländliche Räume könnten sich dabei von Ballungsräumen unterscheiden. Für das Projekt stellt das Zi den Beteiligten eine eigene Software mit dem Namen „Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland“ zur Verfügung.
„Wir benötigen grundsätzlich mehr Pfeile im Köcher, um an vielen Punkten in der Gesundheitsstruktur flexibler zu werden“, ist Chefarzt Dr. Hübner überzeugt. „DispoAkut“ ermögliche es, Patienten direkt dorthin im Gesundheitssystem zu lenken, wo sie am besten aufgehoben seien. Hübner: „In der Notaufnahme werden dadurch wichtige Ressourcen für kritisch kranke Patienten geschaffen.“
Liegt eine Empfehlung zur vertragsärztlichen Behandlung vor, erhalten die Patienten das Angebot, sich unmittelbar in einer nahegelegenen Haus- oder Facharztpraxis behandeln zu lassen. Über eine spezielle Software werden sie direkt dort angemeldet. Wann genau der Termin ist, hängt von der Dringlichkeit und von der Frage ab, wann die Praxis eine Behandlung anbieten kann. Die Patienten werden dort selbst vorstellig, ein Kontakt über die Nummer des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 entfällt.
„Dieses interessante Konzept zur intersektoralen Versorgung wird von uns gerne unterstützt“, betont ANregiomed-Vorstand Dr. Gerhard Sontheimer. „Nur knapp über 30 Prozent der ZNA-Patienten müssen auch stationär aufgenommen werden.“ Wenn ein Teil der ambulant vorstelligen Patienten gleich an niedergelassene Ärzte vermittelt werden könne, sorge dies für eine wesentliche Entlastung.
Aus Sontheimers Sicht nicht der einzige Pluspunkt: „Und es hat auch Vorteile für den Patienten, denn der Haus- oder Facharzt kann umgehend die weitere Behandlung einleiten und bestmöglich steuern.“
Vorreiter in Bayern bei „DispoAkut“ war das RoMed Klinikum in Rosenheim, nun ist Ansbach als zweite Einrichtung dabei. Die Machbarkeitsstudie läuft zunächst ein halbes Jahr. Im Fokus steht vor allem das gezielte Lenken der Patienten, ein Nebenaspekt ist, dass die Krankenhäuser für die Behandlung in vielen Fällen gar kein Geld erhalten. Denn sie sind ja eigentlich für die stationäre Aufnahme von Kranken zuständig.