Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) merkt, dass er den Freistaat in ungewissen Zeiten regiert. Die politische Großwetterlage im In- und Ausland wird rauer, die Wirtschaft strauchelt auch im erfolgsverwöhnten Bayern, die Bedrohung von Innen und Außen ist manifest. „Wir sind unter Druck, wie selten zuvor“, sagt Söder. Europa und auch Deutschland fielen international zurück. „Wir spüren, dass die Radikalen stärker werden.“ Söder sieht das Erstarken der AfD als größte politische Herausforderung seiner Generation.
Die Antwort Bayerns, das macht der CSU-Parteichef in seiner Grundsatzrede vor den CSU-Landtagsabgeordneten in Kloster Banz bei Bad Staffelstein unmissverständlich deutlich, soll eine Offensive sein. Investitionen in die Zukunft – sprich in die Forschung – stehen an erster Stelle, gemeinsam mit Investitionen in den Alltag der Menschen, den immer mehr auch im Freistaat als herausfordernd einstufen. Fraktionschef Klaus Holetschek skizzierte, wie etwa die Wartezeiten auf wichtige Diagnosen in der Medizin auf sich warten lassen.
Söder, dem zuvor regelmäßig vorgeworfen wurde, seine Interessen zu stark der Bundespolitik zu widmen, brannte in Banz an ganzes Feuerwerk an landespolitischen Denkansätzen ab. Motto: Investieren, reformieren, konsolidieren. Für junge Leute spricht die CSU eine „Zukunftsgarantie aus“. Was am Ende davon tatsächlich kommt, bleibt abzuwarten. Die wichtigsten Initiativen im Überblick:
In die Wissenschaftslandschaft des Freistaates sollen Milliarden fließen – möglichst vor allem aus Bundesmitteln. Söder will in Garching an der Kernfusion forschen lassen, und in Schweinfurt eine Gigafactory für Künstliche Intelligenz ansiedeln. Zudem sollen international hochdekorierte Professoren, etwa für die KI-Professuren in der Medizintechnik, mit erhöhten Gehältern angelockt werden. Bayerns Unikliniken sollen gemeinsam ein Forschungszentrum für Impfstoffe aus dem Boden stampfen und in Erding soll Rüstungsforschung stattfinden, etwa in einem Drohnenzentrum. Unter anderem dafür will der Freistaat ein eigenes Rüstungsgesetz schaffen. Auch das Atomgesetz soll geändert werden, um die umstrittene Forschung an der Wiederverwendung von Atommüll zu ermöglichen.
Das erst vor drei Jahren gelockerte Handyverbot an Bayerns Schulen soll wieder verschärft werden: Smartphones und Mobiltelefone sollen an allen Schulen bis einschließlich der siebten Klasse gesetzlich verboten werden – aktuell gilt ein solch striktes Verbot nur für Grundschulen. Was ab Klasse acht gilt, soll dagegen weiter vor Ort festgelegt werden dürfen: „Danach entscheidet es die Schulfamilie selber, welchen Weg sie gehen will“, sagte Söder.
Bis 2040 sollen in der Staatsverwaltung rund 10.000 Planstellen gestrichen werden. Und dazu 25 Prozent der aktuell 2.500 staatlichen Berater. Allerdings: In der Amtszeit Söders wurden bisher nach Auskunft des Finanzministeriums auch 31.000 Stellen neu geschaffen – vor allem in den Bereichen Schule (11.200) sowie Wissenschaft und Forschung (12.000).
Söder will beispielsweise die Teilzeitmöglichkeiten von Lehrern einschränken. Andererseits soll es 2027 – nach einem Stellenmoratorium für 2026 – auch wieder mehr Lehrer geben: Man werde dann 1.500 zusätzliche Stellen auf den Weg bringen, kündigte Söder an. Als Grund nannte er unter anderem den starken Zuzug durch Migration und die nötige Sprachförderung. Und alle Kinder hätten das gleiche Recht auf Unterstützung, betonte der Ministerpräsident.
Beim Wohnungsbau will Söder „eine Schippe drauf legen“. „Es wird bis 2028 extra eine Milliarde zu den normalen Haushaltsmitteln geben“, kündigte er an. Zudem sollen Regeln vereinfacht werden, Vorgaben des Freistaats sollen wegfallen. „Es entscheidet die Kommune allein, wie sie ihre Wohnungen baut“, sagte Söder – und versprach zudem eine „kleine Baurevolution staatlichen Bauens“. Der Grundsatz solle sein „mehr mieten als bauen“. Hat das auch Folgen für den geplanten Konzertsaal in München? Söder ließ jedenfalls den Halbsatz fallen: „Dazu kann zum Beispiel der Konzertsaal gehören.“
Aus dem Sonderinvestitionsprogramm des Bundes werden laut Söder rund 15 Milliarden Euro nach Bayern fließen. Und davon wiederum sollten 60 Prozent die bayerischen Kommunen bekommen – das sei jedenfalls das Ziel, sagte er.
Als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage in Europa will Bayern den Bevölkerungsschutz neu strukturieren und als erstes Bundesland ein Landesamt für Bevölkerungsschutz auf den Weg bringen. Mehr als 90 Prozent der Einsatzkräfte in Bayern engagieren sich derzeit ehrenamtlich. Angesichts steigender Risiken durch den Klimawandel und andere Gefahren ist eine kontinuierliche Vorbereitung auf neue Einsatzlagen erforderlich – hier gewinnt der Katastrophenschutz zunehmend an Bedeutung.
Ob der Freistaat die Möglichkeiten der gelockerten Schuldenbremse nutzt und neue Schulden macht, ließ Söder zunächst offen. Das werde man in den Haushaltsberatungen nach der Steuerschätzung im Herbst entscheiden.
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