Im Koalitionsstreit um die Wahl dreier neuer Bundesverfassungsrichter hat CSU-Chef Markus Söder der SPD einen Austausch der umstrittenen Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf nahegelegt. Gleichzeitig plädierte Söder mittelfristig für eine Reform des Wahlverfahrens, damit künftig nur noch eine einfache und keine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist.
„Auf der umstrittenen Kandidatur liegt und lag kein Segen“, sagte Söder nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Es habe viele Fragen und von vielen große Vorbehalte gegeben. Deswegen sei sein Rat: „Nicht mit dem Kopf durch die Wand.“ Zwei der vakanten Richterstellen würden auf jeden Fall mit SPD-Kandidaten besetzt. Die SPD solle aber „noch mal nachdenken und im Herbst einen zweiten Vorschlag präsentieren, der vielleicht besser geeignet ist“. Das müsse allerdings die SPD selber entscheiden und überlegen.
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte zuletzt bereits angekündigt: „Wir halten an unseren Kandidatinnen fest. Ich erwarte, dass die Mehrheit steht.“
Am Freitag waren die Wahlen zweier neuer Richterinnen und eines Richters für Karlsruhe kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags abgesetzt worden. Der Druck gegen die Potsdamer Staatsrechtlerin Brosius-Gersdorf war in der Union zu groß geworden. Die Fraktionsführung um Jens Spahn konnte die mit dem Koalitionspartner verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren.
Söder räumte ein, die Vorgänge am Freitag seien „kein Ruhmesblatt“ gewesen - aber er sieht darin auch keinen Schaden für die Demokratie oder das Parlament. Er stellte sich deshalb auf Nachfrage auch klar hinter Unionsfraktionschef Jens Spahn: „Wir vertrauen Jens Spahn, wir unterstützen weiter Jens Spahn.“
Und das Bundesverfassungsgericht sei absolut handlungsfähig. Deshalb gebe es auch keinen Anlass, über Sondersitzungen nachzudenken. Es sei durchaus bis September Zeit. „Deswegen meine dringende Empfehlung: Runterkühlen, runterkommen in der Sommerzeit und noch mal grundlegend nachdenken.“
Für die Zukunft forderte Söder, es müsse eine einfache Mehrheit im Bundestag für neue Richter ausreichend sein - unabhängig vom Vorschlagsrecht, das den Fraktionen entsprechend ihrer Größe zustehe. „Es steht nicht in der deutschen Verfassung, dass es einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Bundestags bedarf.“
„Dieses Hin und Her mit den Sperrminoritäten von links und rechts außen führt dazu, dass es zu zum Teil zu kaum vertretbaren politischen Kompromiss- und Konsensverrenkungen kommt“, sagte der CSU-Chef. „Ich habe grundlegende Bauchschmerzen und wir haben grundlegende Bauchschmerzen, wenn am Ende die Linken bestimmen, was die Union macht. Es kann nicht sein, dass die Linkspartei dann am Ende vorgibt und entscheidet, wer da gewählt werden kann. Und deswegen, glaube ich, muss sich die Union davon lösen.“ Söder fügte hinzu: „Es ist zwar schön, wenn der eine oder andere die Telefonnummer hat von Linksparteivertretern - aber man muss nicht anrufen.“
© dpa-infocom, dpa:250714-930-795943/1