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Veröffentlicht am 18.08.2025 14:15, aktualisiert am 19.08.2025 17:59

Suche nach Amokläufer von Ansbach läuft jetzt in Europa

2009 verletzte ein Schüler bei einem Amoklauf durch das Carolinum Ansbach zehn Personen. Am Samstag ist der heute 34-Jährige nach einem genehmigten Freigang nicht mehr ins Bezirksklinikum Erlangen zurückgekehrt. Der Haftbefehl gegen ihn gilt seit Dienstag europaweit.

Der Patient in der Klinik für Forensische Psychiatrie Erlangen hatte sich am Samstag auf einem Tagesausgang befunden und war abends nicht wieder aufgetaucht. Nach den Angaben der Staatsanwaltschaft Ansbach auf FLZ-Anfrage handelt es sich um den Mann, der am 17. September 2009 einen Amoklauf in seiner Schule gestartet hatte.

„Diese Tagesausgänge sind Teil der Therapie und fanden im konkreten Fall bereits seit Beginn des Jahres regelmäßig statt, stets ohne Vorkommnisse und Beanstandungen”, heißt es von den Bezirkskliniken. Eine Gefahr für die Öffentlichkeit gehe von dem Patienten nach Einschätzung der Mediziner nicht aus.

Verantwortung bei der Klinik

Über die Lockerungen bei Patienten entscheidet alleine das Bezirksklinikum, erklärte Jonas Heinzlmeier, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Ansbach. Diese ist grundsätzlich weiter als Strafvollstreckungsbehörde für den Fall zuständig. Mögliche Lockerungen lägen jedoch in der Verantwortung der Klinik, betonte Heinzlmeier. Die Klinik habe die Staatsanwaltschaft Ansbach von den Lockerungen informiert.

Seit dem Jahr 2018 wurde der Ansbacher Amokläufer am Bezirksklinikum am Europakanal in Erlangen behandelt. Dessen Ärzte sahen zuletzt große Fortschritte in seiner Therapie.  (Foto: NEWS5 / Ferdinand Merzbach)
Seit dem Jahr 2018 wurde der Ansbacher Amokläufer am Bezirksklinikum am Europakanal in Erlangen behandelt. Dessen Ärzte sahen zuletzt große Fortschritte in seiner Therapie.  (Foto: NEWS5 / Ferdinand Merzbach)

Richter lehnten bisher Entlassung von Ansbacher Amokläufer ab: Zu gefährlich

Der 34-Jährige wollte als Schüler andere Menschen am Gymnasium Carolinum mit in den Tod reißen. Bisher galt er weiterhin als nicht geeignet für eine Entlassung.

Dabei sei die Klinik nicht nur ihrer eigenen medizinischen Einschätzung gefolgt, sondern habe zusätzlich ein externes Gutachten eines Psychiaters eingeholt, sagte der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft. Zusätzlich zu der Fahndung erging am Montag ein bundesweiter Vollstreckungshaftbefehl.

Am Dienstag wurde dieser Haftbefehl auf Europa erweitert. „Man muss damit rechnen, dass er im weiteren Umfeld ist”, sagte der Oberstaatsanwalt. Damit werde nun europaweit von der Polizei nach dem 34-Jährigen gesucht. Heinzlmeier wollte sich nicht dazu äußern, ob inzwischen konkrete Hinweise auf einen möglichen Aufenthaltsort vorliegen. Dazu könne er aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit keine Angaben machen, sagte der Oberstaatsanwalt am späten Dienstagnachmittag gegenüber der FLZ.

Die Kripo Erlangen hat den persönlichen Besitz des Mannes nach Hinweisen auf mögliche Kontakte analysiert, die für ihn ein Anlaufpunkt sein könnten. In enger Zusammenarbeit mit der Ansbacher Polizei wurden auch seine Angehörigen und sein weiteres Umfeld aufgesucht.

Die Fahndung sei räumlich nicht einzugrenzen, weil der 34-Jährige den ganzen Samstag Zeit gehabt hätte, um die Region zu verlassen, sagte ein Sprecher des mittelfränkischen Polizeipräsidiums auf FLZ-Anfrage. Die Klinik habe die Polizei innerhalb der üblichen Frist informiert.

Mit Axt und Molotow-Cocktails bewaffnet

2009 hatte der Mann als 18-Jähriger im Gymnasium Carolinum in Ansbach einen Amoklauf gestartet, den er monatelang vorbereitet hatte. Er bewaffnete sich unter anderem mit einer Axt und Molotow-Cocktails. Dabei verletzte er neun Schülerinnen und Schüler sowie eine Lehrerin zum Teil schwer. Eintreffende Polizeikräfte konnten ihn in einer Schultoilette stellen. Ein Beamter streckte den 18-Jährigen, als er von diesem angegriffen wurde, mit Schüssen nieder.

Der Täter wurde im Jahr 2010 vom Landgericht Ansbach nach Jugendstrafrecht zu neun Jahren Haft verurteilt. Wegen einer schweren psychischen Erkrankung wurde er auf zunächst unbestimmte Zeit in eine Klinik für psychisch kranke Straftäter eingewiesen.

Im Jahr 2018 wäre die Gefängnisstrafe von neun Jahren abgelaufen. Der Beschluss zu einer Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik bestand jedoch weiter, weil er zeitlich unbefristet ist. Dagegen hatte der Ansbacher sowohl vor dem Landgericht Regensburg als auch dem Oberlandesgericht Nürnberg Einspruch eingelegt. Beide Gerichte lehnten seinen Antrag auf eine Entlassung in die Freiheit jedoch ab. Sie hielten ihn immer noch für gefährlich.

Der Amoklauf am Carolinum in Ansbach schockte 2009 die Republik. Der Täter von damals kehrte am Samstag nicht mehr in seine behandelnde psychiatrische Klinik zurück. (Archivbild: Jim Albright)
Der Amoklauf am Carolinum in Ansbach schockte 2009 die Republik. Der Täter von damals kehrte am Samstag nicht mehr in seine behandelnde psychiatrische Klinik zurück. (Archivbild: Jim Albright)
Der Amoklauf am Carolinum in Ansbach schockte 2009 die Republik. Der Täter von damals kehrte am Samstag nicht mehr in seine behandelnde psychiatrische Klinik zurück. (Archivbild: Jim Albright)

Von Johannes Hirschlach und Manfred Blendinger
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