Die Schüler sind an diesem Morgen noch nicht ganz bei der Sache. Einige schlafen, während vorne doziert wird, einer beschäftigt sich die ganze Zeit mit einem Spielzeug. Als es aus dem Unterrichtsraum nach draußen geht, würden sie lieber herumtoben, statt sich konzentrieren zu müssen. Dabei haben ihre Besitzer Großes mit ihnen vor: Denn die Hunde, die mit ihren Frauchen und Herrchen beim Volkshochschulkurs in Merzig dabei sind, sollen Trüffel-Spürhunde werden.
Und so unterschiedlich der Pudel, der Cavalier King Charles Spaniel und der Mischling sind, so sehr ähneln sich doch die Motive ihrer Besitzer: Sie wollen ihren Hunden nicht nur eine sinnvolle Beschäftigung bieten, sondern hoffen mit ihrer Hilfe auf schmackhafte Funde.
„Aber ist das denn nicht verboten?“ - diese Frage fällt immer und überall, wenn Kursleiterin Gabi Wenk von ihrer Arbeit und ihrem Hobby berichtet. Seit 2018 ist sie als Trüffelsucherin - mit Ausnahmegenehmigung - und Hobby-Forscherin mit ihrer Windhündin Candy unterwegs und hat nach eigenen Worten schon 191 verschiedene Arten entdeckt und dokumentiert. Und das ist für die Teilnehmer, die ihren Grundkurs „Trüffelsuche mit Hund“ gebucht haben, die gute Nachricht: Zwar ist es in Deutschland verboten, wild wachsende Trüffel der Gattung Tuber mit ihren bis zu 20 Arten zu suchen und der Erde zu entnehmen. „Aber wenn man bedenkt, dass es rund 500 Trüffelarten in Deutschland gibt, stellen wir fest, dass wir noch 480 suchen dürfen“, sagt die 73-Jährige.
Und die Kurs-Teilnehmer aus der Region haben noch einen weiteren Vorteil: „In Luxemburg und Frankreich ist das Trüffelsuchen gar kein Problem“, sagt Wenk. Eine Teilnehmerin ist mit „Rosa“, einem Mischling aus Labrador und Pointer mehr als 600 Kilometer aus Hamburg zum Workshop angereist. „Rosa sucht gerne, und ich esse gerne!“, sagt sie. Auf das Seminar habe sie ihre Hündin sogar schon vorbereitet: „Seit Wochen gebe ich ihr einige Tropfen Trüffelöl aus Futter, damit sie sich an den Geruch gewöhnt.“
Wenk ist skeptisch, ob das etwas bringt. Sie setze lieber auf ihre bewährte Methode, mit der sie schon rund 60 Hunden die Trüffel-Suche schmackhaft gemacht habe: auf echten Trüffel. An dem dürfen die Hunde zunächst schnüffeln - und werden sofort überschwänglich gelobt und belohnt, wenn sie an dem schwarzen Pilz überhaupt Interesse zeigen. Haben sie sich mit diesem neuen Geruch etwas vertraut gemacht, folgt Stufe zwei: Kleine Trüffel-Stückchen werden in dafür vorbereitete Stäbe gesteckt. „Such Trüffel!“ - oder wie bei Candy: „Such Pilz!“ - lautet das Kommando. Sobald der Hund den richtigen Riecher hatte und das präparierte Stöckchen findet, wird er ausgiebig gelobt.
Spaniel-Hündin „Minnie“ ist gleich so begeistert davon, dass sie das Holzstück gar nicht mehr hergeben möchte. Damit ist für ihre Besitzer schonmal der erste Part geglückt. Wenk ist jedenfalls optimistisch: Alle der rund 70 Hunde, die sie bisher in ihren Kursen gehabt habe, hätten die entsprechende Ambition entwickelt und die Suche gelernt. Nur ein einziger Teilnehmer, ein Dackel, habe sich geweigert.
Der Bedarf nach guten Trüffelhunden sei jedenfalls groß. „Es gibt einfach zu wenig Hunde, die auch vernünftig auf Plantagen suchen können“, sagt sie. Sie selbst betreut zwei Anlagen in Luxemburg und eine an der Mosel und berät auch Interessierte, die neue Plantagen anlegen wollen. „Es ist wichtig, dass wir genug Trüffel in Deutschland erhalten, damit wir sie nicht immer aus dem Ausland beziehen müssen.“
Nach Angaben von Markus Mayer vom Verband für Trüffelanbau und Nutzung in Deutschland habe sich das Interesse am Trüffelanbau in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland langsam aber deutlich entwickelt. Der Leiter der Vereins-Geschäftsstelle in Schallstadt im Breisgau schätzt, dass bislang rund 600 Akteure über 500 Hektar Trüffelkulturen angelegt hätten. Einige Anlagen seien bereits in der Vollernte-Phase, viele andere zeigten erste Trüffel. „Die Qualität dieser Trüffel hat eine gute Konsistenz, einen hervorragenden Geruch und kann mit den Produkten aus Italien und Frankreich mithalten“, meint der Biologe. Vor allem die Kalkgebiete in Deutschland seien die bevorzugten Gegenden für den Trüffelanbau.
„Im Saargau und im Bliesgau gibt es überall Esstrüffel“, sagt Gabi Wenk. Damit die Teilnehmer wissen, wo sie später überhaupt suchen müssen, gibt es bei dem Seminar auch einiges an Theorie: Angefangen von der Klassifizierung der Arten (Schlauchpilze) über die besondere Verbindung mit Bäumen (Symbiose) bis zur Grundvoraussetzung im Boden (Kalk) und ihre Anzeiger (Aronstab und Waldmeister aber auch Gehäuseschnecken). Und wenn dort noch Hasel, Buchen, Eichen oder Linden wachsen - dann ist die Chance da, tatsächlich fündig zu werden.
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