Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, begeht gegenüber seiner Kfz-Versicherung nicht automatisch eine arglistige Obliegenheitsverletzung. Es kommt auf den Einzelfall an - und die Beweislast liegt beim Versicherer.
Das zeigt eine Entscheidung (Az.: 46 S 58/22) des Landgerichts Berlin, über die die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der an einem Autounfall beteiligt war. Er verließ den Ort des Geschehens, ohne die Polizei zu rufen. Der Unfall war allerdings nicht unbeobachtet geblieben. Zeugen meldeten ihn der Polizei. Die fand den Mann in einem nahen Café.
Die Versicherung des Unfallflüchtigen klagte gegen den Mann, wobei sie ihm ein arglistiges Verhalten vorwarf. Somit wäre der Versicherungsschutz entfallen.
In einer Verhandlung vor dem Amtsgericht hatte dies aber keinen Bestand, das Gericht urteilte im Sinne des Autofahrers. Dagegen ging die Versicherung in Berufung.
Doch diese wurde vom Landgericht abgewiesen, was das Urteil des Amtsgerichts bestätigte. Sinngemäß lautet die Begründung: Ja, der Beklagte hatte sich unerlaubt vom Unfallort entfernt. Das müsse aber nicht zwangsläufig als arglistiges Verhalten gewertet werden. Denn ein Unfall überfordert die Betroffenen demnach oft.
Nicht zwingend müssten diese dabei die Absicht haben, die Interessen ihrer Versicherung zu schädigen. Dazu kam hier, dass der Betroffene vor Ort mit Zeugen hatte rechnen müssen, welche dann ja auch in der Tat aktiv geworden sind. Dennoch ging der Mann in ein Café in der Nähe, was das Risiko barg, entdeckt zu werden.
Das sprach nach Ansicht des Gerichts gegen die Annahme eines zweckgerichteten, die Interessen der Versicherung missachtenden Verhaltens. Da die Arglist vom Versicherer bewiesen werden muss und der keine ausreichenden Beweise hatte, blieb die Klage erfolglos.
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