Opfer von Cybermobbing und Hassrede können nicht nur das Entfernen einzelner beleidigender Beiträge, sondern unter Umständen auch das Löschen des gesamten Nutzerkontos vom Plattformbetreiber verlangen. Und zwar dann, wenn das Konto ausschließlich oder ganz überwiegend dazu eingerichtet und genutzt wurde, um rechtsverletzende Äußerungen über das oder die Opfer zu verbreiten. Das geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hervor (AZ: 16 U 58/24), auf die der Deutsche Anwaltverein (DAV) hinweist.
In dem Fall hatte eine Frau gegen eine Social-Media-Plattform geklagt, weil sie dort wiederholt durch schwerwiegende Beleidigungen und Herabsetzungen wie „Du dumme Sau“ oder „frigide, menopausierende Schnepfe“ diffamiert worden war.
Diese Inhalte wurden von zwei Nutzerkonten aus verbreitet, die nach Ansicht der Klägerin ausschließlich zum Zweck ihrer Diffamierung eingerichtet worden waren. Sie verlangte daher von der Plattform nicht nur das Entfernen der einzelnen Inhalte, sondern die vollständige Löschung der beiden Nutzerkonten.
Das Landgericht Frankfurt am Main hatte die Klage zunächst abgewiesen. In der Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) erhielt die Klägerin jedoch Recht. Denn nach Auffassung der OLG-Richter steht Betroffenen ein Löschanspruch zu, wenn ein Nutzerkonto ausschließlich oder ganz überwiegend für rechtsverletzende Inhalte genutzt wird.
Das Gericht stellte eine Interessenabwägung an: Auf Seiten der Klägerin wiege ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht schwer. Das wirtschaftliche Interesse der Plattform an der Aufrechterhaltung des Nutzerkontos sei demgegenüber nicht schutzwürdig, wenn das Konto keinen legitimen Zweck erfülle.
Da die betreffenden Konten ausschließlich zur Herabwürdigung der Klägerin genutzt wurden, sei das Löschen der Accounts das einzige effektive Mittel, um weitere Rechtsverletzungen zu unterbinden.
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