Verschwundene Synagoge wiederentdeckt: Rothenburg feiert archäologische Sensation | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 08.07.2025 10:40, aktualisiert am 08.07.2025 11:18

Verschwundene Synagoge wiederentdeckt: Rothenburg feiert archäologische Sensation

Ein Grabungsfoto mit Fundamenten der romanischen Synagoge in Rothenburg am heutigen Kapellenplatz. (Foto: KT Kohler & Tomo Archäologie)
Ein Grabungsfoto mit Fundamenten der romanischen Synagoge in Rothenburg am heutigen Kapellenplatz. (Foto: KT Kohler & Tomo Archäologie)
Ein Grabungsfoto mit Fundamenten der romanischen Synagoge in Rothenburg am heutigen Kapellenplatz. (Foto: KT Kohler & Tomo Archäologie)

In Rothenburg zeichnet sich eine archäologische Sensation ab: Wie die Stadt und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklären, wurde eine mittelalterliche Synagoge wiederentdeckt.

Die Überreste der Synagoge tauchten bei Grabungen am Kapellenplatz auf. Gefunden wurden laut Pressemitteilung vor allem Fundamente des Bauwerks, das 1349 im Zuge des Judenpogroms zerstört und 1406 zur Marienkapelle umgebaut wurde. Diese wurde wiederum Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissen.

Erste Synagoge Rothenburgs am heutigen Kapellenplatz

„Bei den Funden handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die erste Synagoge Rothenburgs, die als großer, freistehender Saalbau der Romanik das Stadtbild prägte”, jubeln Stadt und Landesamt. „Die nun freigelegten, massiven Kalksteinfundamente dieses stattlichen Bauwerks belegen eindrucksvoll, welche Bedeutung Rothenburg im Mittelalter als eines der großen Zentren des Judentums in Süddeutschland hatte”, betont Rothenburgs Oberbürgermeister Dr. Markus Naser. „Auch das unrühmliche Ende dieser Ära gehört zu unserer Stadtgeschichte, die wir weiter erforschen und im Bewusstsein halten wollen.”

Die Geschichte der Synagoge reicht weit zurück. Um das Jahr 1180 entstand in Rothenburg ein jüdisches Viertel – eines der ältesten im süddeutschen Raum. Die Reichsstadt entwickelte sich zu einem Zentrum jüdischen Lebens, weit über die Grenzen Frankens hinaus. Wann und wie genau die Synagoge errichtet wurde, liegt derweil im Dunkeln. Bekannt waren bislang nur historische Zeichnungen, heißt es in der Pressemitteilung.

Jüdisches Gotteshaus wurde zur Marienkapelle

Als nun der Kapellenplatz umgestaltet werden sollte, begannen Archäologen dort mit Grabungen. Und tatsächlich: Die Forscher stießen auf Fundamente, die in Bauweise, Ausrichtung und Lage des Haupteingangs „bis ins Detail” mit bekannten Abbildungen der Marienkapelle übereinstimmten.

Zu dieser wurde die beim Pogrom verwüstete Synagoge umgebaut, nachdem sie 1404 an einen Rothenburger Patrizier verkauft wurde. Auf dem Areal des Schrannenplatzes entstand derweil eine neue, aber deutlich bescheidenere Synagoge. 1805 verschwanden dann am Kapellenplatz die letzten Überbleibsel der mittelalterlichen Synagoge, als die Marienkapelle abgerissen wurde.

Strukturen der Synagoge sollen im Pflaster sichtbar werden

Der genaue Fundort gilt als überraschend: Eigentlich war das Gebäude an etwas anderer Stelle vermutet worden. „Nur dank archäologischer Untersuchungen wie diesen gelingt es uns, die Geschichte des europäischen Judentums um einen weiteren Mosaikstein zu ergänzen”, sagt Prof. Mathias Pfeil, Generalkonservator des Landesamts für Denkmalpflege.

Die Ausgrabungen erfolgen nur in dem Bereich, der auch für Baumaßnahmen vorgesehen war. Weitere Teile des historischen Erbes bleiben „geschützt unter dem neuen Pflaster, das die Struktur des Bodendenkmals oberirdisch abbildet”, heißt es von der Stadt.


Johannes Hirschlach
Johannes Hirschlach
Redakteur für Digitales
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