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Veröffentlicht am 23.12.2022 12:58

Wie eine Frau die DDR-Küche aufmischte

Als DDR-Koch-Queen erlangte Winnington mit ihrer Kolumne „Liebe, Phantasie und Kochkunst” in „Das Magazin” große Bekanntheit. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)
Als DDR-Koch-Queen erlangte Winnington mit ihrer Kolumne „Liebe, Phantasie und Kochkunst” in „Das Magazin” große Bekanntheit. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)
Als DDR-Koch-Queen erlangte Winnington mit ihrer Kolumne „Liebe, Phantasie und Kochkunst” in „Das Magazin” große Bekanntheit. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Soljanka, Jägerschnitzel und Gräupchensuppe: Das verbinden viele mit der Küche der DDR. Ursula Winnington zeigte, dass es auch anders ging, obwohl vieles knapp oder nicht zu bekommen war.

Im Winter begeisterte sie die Menschen in dem sozialistischen Staat mit Rezepten zu Zimtbrezeln, Ente mit Äpfeln, Pflaumen und Zitronen, Pfeffernüssen und Lebkuchen. Wenn es in der Planwirtschaft eine Überproduktion an Eiern gab, zauberte sie daraus Quiche Lorraine oder chinesische Teigtaschen. Sie verhalf der DDR-Küche zu mehr Abwechslung und Internationalität. Die Rezepte, die sie für Magazine und Zeitschriften schrieb, schienen für ihre Zeit ungewöhnlich - und doch waren ihre Leserinnen und Leser begeistert.

Eine Reise nach Indien

Inzwischen ist Ursula Winnington 94 Jahre alt. Die studierte Landwirtschaftlerin kocht inzwischen nicht mehr so viel, aber erinnert sich gern noch an eine ihrer Reisen zu DDR-Zeiten in die große weite Welt außerhalb der DDR. Durch ganz Indien sei sie damals gefahren, erklärt sie im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Sie begleitete ihren ersten Mann - einen Physiker - auf einer Kongressreise.

In dem fernen Land entdeckte sie Papadams, indisches Linsen Dal, Hühnercurry und Gewürzmischungen wie Garam Masala. Dabei „habe ich natürlich sehr viel gelernt und festgestellt, dass der Curry ganz anders schmeckt als in der DDR“, sagt sie. Zurück in der Heimat sei es ihre erste Aufgabe gewesen, sich das DDR-Pulver vorzunehmen und herauszufinden: „Was ist hier falsch und warum sind die indischen Currymischungen besser?“

Winnington schrieb Rezepte und Kolumnen für Magazine und Zeitschriften wie beispielsweise „Das Magazin“, „Guter Rat“ und die „Sibylle“. Auch in Kochshows war sie zu sehen. Weitere Reisen führten sie nach Frankreich, China und Korea. Ihre Rezepte reichten von chinesischen Löwenköpfchen, Chutney bis zum französischen Coq au Vin. Dabei hatte sie die in der DDR vorhandenen Lebensmittel im Blick.

Nicht besonders glücklich über die Wende

„Gastronomische Volltreffer“ seien ihre Rezepte gewesen, heißt es in einem Leserbrief, den sie vorliest. „Frau Winnington, Sie haben meine Ehe gerettet“ in einem anderen. Natürlich habe es vereinzelt Reaktionen wie „Schön, Oblaten, wo sind die?“ oder „Wo gibt es in Berlin Knoblauch zu kaufen?“ gegeben. Die meisten Leserreaktionen seien aber durchaus sehr dankbar und positiv gewesen. Ihre Kochtipps wurden zwar in der gesamten Republik veröffentlicht, die Gemüseläden aber doch teilweise unterschiedlich beliefert. Ihre Devise: „Es gab in der DDR Fleisch, Geflügel, Fisch, Wein, Gemüse, Knoblauch, Gewürze, Kräuter - und wenn Sie daraus nichts machen können, dann können Sie leider nicht kochen.“

Mit dem Fall der Mauer und der Wende verschwanden die Zeitschriften, für die sie geschrieben hatte. Und nicht nur das - sie verlor auch ihre über Jahre lang aufgebaute Nische. „Ich war nicht sehr glücklich über die Wende, ich habe mich in der DDR wohl gefühlt“, sagt Winnington. Nach der Öffnung der Mauer sei sie damals auch nicht unmittelbar über die Grenze gelaufen. „Ich hatte nicht diese Sehnsucht wie andere Menschen, die noch nie im Ausland waren.“

Über 1250 Rezepte hat sie in ihrem Leben veröffentlicht, bis heute gibt es ihre acht Kochbücher, eine Sammlung ihrer Rezepte und Kolumnen, zu kaufen. Im September dieses Jahres hat ihre Enkelin Lilly Böhm mit ihr ein Podcast-Feature für die rbb-Podcast-Reihe „Deep Doku“ mit dem Titel „DDR-Küche - wie Ursula Winnington ostdeutsche Rezepte revolutionierte“ aufgenommen. Winningtons letztes Buch ist 2012 erschienen - darin finden sich Rezepte wie Mecklenburger Götterspeise oder französisches Boeuf Bourguignon. Letzteres bereite ihre Großmutter neben dem Coq au Vin immer mal wieder zu, meint ihre Enkelin.

„Was ich neulich auch wieder gemacht habe, war Pak Choi“, ergänzt Winnington, „mit roten Paprikaschoten, ein paar Pellkartoffeln und Gewürzen“. Aus diesen Sachen könne man ein wunderbares Essen machen. „Erst werden Knoblauch und Ingwer in Öl angebraten, dann kommen die Paprikaschoten rein, dann Pak Choi dazu und zum Schluss kommen die Kartoffeln in die Pfanne. Wer es gerade im Haus hat, gibt zum Schluss reichlich frischen Koriander darüber - das ist ein tolles Essen, es ist einfach und wunderbar.“

© dpa-infocom, dpa:221223-99-01549/3

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