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Veröffentlicht am 11.04.2025 13:05, aktualisiert am 11.04.2025 14:01

Bahnmitarbeiter kommen nach tödlichem Zugunglück vor Gericht

Zwei Bahnmitarbeiter sollen nach dem tödlichen Zugunglück von Garmisch vor Gericht. (Archivfoto)  (Foto: Uwe Lein/dpa)
Zwei Bahnmitarbeiter sollen nach dem tödlichen Zugunglück von Garmisch vor Gericht. (Archivfoto) (Foto: Uwe Lein/dpa)
Zwei Bahnmitarbeiter sollen nach dem tödlichen Zugunglück von Garmisch vor Gericht. (Archivfoto) (Foto: Uwe Lein/dpa)

Ein Strafprozess soll nach dem tödlichen Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen vor fast drei Jahren die mögliche Mitverantwortung von Bahnmitarbeitern klären. Das Landgericht München II hat die Anklage gegen zwei Männer wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zur Hauptverhandlung zugelassen, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte zuvor darüber berichtet. 

Das Verfahren gegen einen dritten Angeschuldigten wurde demnach gegen die Zahlung von 4.000 Euro an gemeinnützige Organisationen eingestellt. Zu Anfang war sogar gegen insgesamt fünf Mitarbeiter der Bahn ermittelt worden. In zwei Fällen waren die Verfahren aber schon bald eingestellt worden. 

Fünf Tote und viele Verletzte bei Entgleisung von Regionalzug

Am 3. Juni 2022, dem letzten Schultag vor den Pfingstferien, war gegen Mittag bei Garmisch-Partenkirchen ein Regionalzug entgleist. Vier Frauen und ein 13-Jähriger starben. Mehr als 70 Menschen wurden teils schwer verletzt. 

Noch ist unklar, wann der Prozess startet. Ursprünglich hatte das Gericht bereits vor Monaten Termine im Mai für den Prozess vorsorglich reserviert. Diese Termine sind nun nicht zu halten, Grund seien „kurzfristige Personalveränderungen in der Kammer“ des Gerichts. Ein Termin soll zeitnah bekanntgegeben werden, sagte Gerichtssprecher Laurent Lafleur. 

Ursache des Unglücks waren nach bisherigen Erkenntnissen schadhafte Bahnschwellen. Die Bahn hatte als Konsequenz aus dem Unglück unter anderem eine Überprüfung der Schwellen bundesweit gestartet und Hunderttausende Schwellen ausgetauscht. Für die Strecken im Werdenfels und Oberland wurde ein millionenschweres Investitionsprogramm aufgelegt. 

Kritik an früheren Versäumnissen blieb. Bis heute sind viele Fragen auch zu dem Unglück offen, es gibt keinen Abschlussbericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU).

Konkrete Vorwürfe weiter unklar

Was konkret die Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten vorwirft, ist offiziell nicht bekannt. Im Raum stand nach dem Unglück der offiziell unbestätigte Vorwurf, bei der Bahn sei eine Warnung bezüglich der späteren Unfallstelle nicht weitergegeben oder entsprechend beachtet worden. 

Laut „Süddeutscher Zeitung“ soll es in dem Prozess unter anderem darum gehen, ob der Abschnitt zwischen den Bahnhöfen Garmisch-Partenkirchen und Farchant früher gesperrt und saniert hätte werden müssen. Laut Zeitung hätte auch eine vorsorglich eingerichtete Langsamfahrstelle zumindest die Folgen einer Entgleisung gemildert. 

Komplexe technische Fragestellungen 

„Das Verfahren ist sehr komplex, es geht nicht zuletzt um eine Reihe von sehr technischen Fragestellungen“, erläuterte Gerichtssprecher Lafleur kürzlich. Auch die Zuordnung einer möglichen Verantwortlichkeit zu den Angeklagten sei keine einfach zu beantwortende Frage.

Im bisher letzten Zwischenbericht der BEU, veröffentlicht am zweiten Jahrestag des Unglücks, wurde ein bestimmter Herstellungsprozess und eine damit verbundene spätere Materialschwäche an den Bahnschwellen als wesentliche Ursache für das Unglück genannt. Die Untersuchungen zeigten chemische Reaktionen auf, die sich nach dem Herstellungsprozess von Betonbauteilen entwickeln und zu Schädigungen führen. Die inneren Schädigungen waren demnach dabei deutlich höher als von außen erkennbar.

Dem Bericht zufolge hatte die Bahn bereits 2018 Vorschriften erlassen, wie materialbedingte Fehler an den Schwellen, die es seit jeher gab, erkannt werden können - und zwar durch Augenschein. Was allerdings damals wohl nicht klar war: Schäden und Risse sind von außen teils nicht zu sehen.

© dpa-infocom, dpa:250411-930-432150/2


Von dpa
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