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Veröffentlicht am 13.07.2025 08:02

Bayern baut Führungsposition beim Welterbe weiter aus

Auch der Latona-Brunnen vor dem Schloss Herrenchiemsee auf der Herreninsel im Chiemsee ist nun Teil des Welterbes der Unesco. (Archivbild) (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Auch der Latona-Brunnen vor dem Schloss Herrenchiemsee auf der Herreninsel im Chiemsee ist nun Teil des Welterbes der Unesco. (Archivbild) (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Auch der Latona-Brunnen vor dem Schloss Herrenchiemsee auf der Herreninsel im Chiemsee ist nun Teil des Welterbes der Unesco. (Archivbild) (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Mit der Ernennung der Schlösser von Ludwig II. zum Unesco-Weltkulturerbe hat Bayern seine Position als deutscher Welterbe-Schwerpunkt weiter ausgebaut. Der Freistaat kann nunmehr 11 der 55 Welterbestätten in Deutschland aufweisen - mehr als jedes andere Bundesland. Nach Angaben der Deutschen Unesco-Kommission folgen dahinter Baden-Württemberg und Hessen mit je 7 Stätten sowie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit jeweils 6.

Wobei eine einzelne Welterbe-Stätte in mehreren Regionen sein kann, so wie die nunmehr ausgezeichneten Königsschlösser auch an vier verschiedenen Orten in Südbayern liegen. Zudem kann sich eine Stätte nach den Regeln der Unesco auch über mehrere Länder erstrecken.

Ein Überblick über das bayerische Welterbe:

Prachtbauten mit kirchlicher Historie

Die ersten beiden Welterbe-Denkmäler in Bayern hatten einen engen Bezug zu der Geschichte der katholischen Kirche. Die Würzburger Residenz, Sitz der Fürstbischöfe von Würzburg, erhielt 1981 das Unesco-Siegel. Insbesondere das spektakuläre Treppenhaus mit dem monumentalen Deckenfresko des venezianischen Malers Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770) fasziniert die Menschen bis heute.

Zwei Jahre nach dem fränkischen Barockschloss folgte die Wallfahrtskirche „Die Wies“ im oberbayerischen Steingaden (Landkreis Weilheim-Schongau). Die Kirche sei „eine glänzende Schöpfung des bayerischen Rokoko und Zeugnis lebendiger religiöser Traditionen“, erklärt die Deutsche Unesco-Kommission.

Authentische mittelalterliche Städte

Die Altstadt von Bamberg mit dem über dem Fluss Regnitz thronenden Rathaus wurde zum dritten Weltkulturerbe Bayerns (1993). „Die Stadt ist ein einzigartiges und sehr gut erhaltenes städtebauliches Gesamtkunstwerk - eine Synthese der Architektur aus Hochmittelalter und Barock“, betont die Kommission.

Im Jahr 2006 bekam auch das historische Zentrum von Regensburg die begehrte Auszeichnung. Die Regensburger Altstadt sei „eine intakte mittelalterliche Handelsstadt und Zeugnis der Zeit als politisches Zentrum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“, erläutert die deutsche Unesco-Vertretung.

Römer hinterließen ihre Spuren

Die Grenzen des Römischen Reiches quer durch Europa wurden von der Unesco in mehreren Schritten zum Welterbe erklärt. Der Obergermanisch-Raetische Limes erhielt 2005 das Prädikat. Diese römischen Grenzanlagen von einst verlaufen auf einer Länge von 550 Kilometern durch vier Bundesländer vom Rhein bis zur Donau. Endpunkt ist das Kastell Eining im niederbayerischen Neustadt/Donau. Von dort aus sicherten die Römer ihre Gebiete mit dem „Nassen Limes“ weiter ab und bauten entlang der Donau ihre Militärlager. Der durch Bayern, Österreich und die Slowakei verlaufende Donaulimes wurde 2021 Welterbe.

Prähistorische Pfahlbauten und barockes Opernhaus

In den Jahren 2011 und 2012 erkannte die Unesco zwei sehr unterschiedliche Stätten aus Bayern an - Jahrtausende alte Bauwerke auf Pfählen sowie das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth. Zunächst wurden prähistorische Pfahlbauten um die Alpen aus sechs europäischen Staaten zum Welterbe. Ähnlich wie die Limes-Befestigungsanlagen sind diese archäologischen Entdeckungen aber nur eingeschränkt zu besichtigen.

Bekanntestes Beispiel in Deutschland sind die Pfahlbauten, die am Bodensee für das entsprechende Freilichtmuseum in Unteruhldingen (Baden-Württemberg) rekonstruiert wurden. Insgesamt umfasst dieses Welterbe 111 Orte, drei davon in Oberbayern. Im Landkreis Landsberg am Lech gibt es zwei Pfahlbauten-Fundstellen, eine weitere ist die Roseninsel im Starnberger See.

Das Bayreuther Opernhaus ist hingegen noch in alter Pracht erhalten und dient weiterhin als imposante Konzert-Kulisse. Das Haus sei „das bedeutendste und besterhaltene Beispiel barocker Theaterkultur, welche noch heute authentisch erlebt werden kann“, sagt die Kommission.

Historische Wassertechnik und mondäne Kurorte

In Augsburg demonstriert seit 2019 ein Welterbe, wie Wasser über Jahrhunderte hinweg von Menschen auf verschiedenste Weise genutzt wurde. Das dortige Wassermanagement-System sei „weltweit einzigartig und steht für Fortschritt, Ästhetik und Nachhaltigkeit“, heißt es bei der Kommission. Es geht um prächtige Brunnenanlagen, die frühe Trinkwasserversorgung der Bürgerinnen und Bürger und auch die zahlreichen Kanäle, die durch die Stadt gezogen wurden. So wurde ein unter das Gebäude verlegter Lechkanal beispielsweise im 17. Jahrhundert dafür genutzt, das Fleisch in der städtischen Metzgerei zu kühlen.

Seit 2021 ist auch Bad Kissingen auf der Landkarte des Welterbes vertreten. Der unterfränkische Ort gehört zu den „bedeutenden Kurstädten Europas“ - ein Verbund von elf Kurorten in sieben europäischen Ländern. Dadurch soll verdeutlicht werden, dass rund um die Heilquellen einst ein eigener städtebaulicher Typ entstand: die nobel ausgestattete Kurstadt mit großzügigen Wandelhallen, durch die die Kurgäste mit einem Glas Heilwasser in der Hand flanieren konnten.

Das Vermächtnis des „Kinis“ nun auch Weltkulturerbe

Die Königsschlösser von Ludwig II. (1845-1886) sind nun die jüngsten bayerischen Denkmäler auf der Liste. Für die Staatsregierung war es seit langem ein Prestigeprojekt, den berühmten Schlössern Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof dieses Prädikat verleihen zu lassen. Im Jahr 2024 besuchten weit mehr als eineinhalb Millionen Menschen aus aller Welt diese Bauwerke. Zudem wurde auch das Königshaus, das am Berg Schachen liegt und dadurch touristisch weniger erschlossen ist, zum Weltkulturerbe.

Deutschlands Kandidatenliste: Olympiapark künftiges Welterbe?

Bayerns Landeshauptstadt München ist bislang nicht auf der exklusiven Unesco-Liste, die weltweit mehr als 1.200 Stätten umfasst, vertreten - das könnte sich aber in den nächsten Jahren ändern. Denn auf der deutschen Vorschlagsliste für künftige Welterbe-Anträge steht auch der für die Olympischen Spiele 1972 errichtete Park mit seinem weltberühmten Zeltdach.

Ein weiterer bayerischer Vorschlag auf der Bewerberliste sind die „Alpinen und voralpinen Wiesen-, Weide- und Moorlandschaften im Werdenfelser Land, Staffelseegebiet und Ammergau“. Mit der Bewerbung soll auf die Kulturlandschaften im Landkreis Garmisch-Partenkirchen hingewiesen werden, die durch kleinbäuerliche Agrarstrukturen geprägt seien. Eine Besonderheit sind dabei unter anderem die unebenen Buckelwiesen-Landschaften.

Ein Projekt mit bayerischer Beteiligung ist auch die Bewerbung „Europäische Papiermühlen“. Sechs Mühlen aus fünf EU-Staaten wollen die Geschichte der vorindustriellen, handgeschöpften Papierproduktion dokumentieren und so Welterbe werden - dazu gehört die Papiermühle in Homburg am Main im unterfränkischen Kreis Main-Spessart.

Das sogenannte Grüne Band, das auch Bayern tangiert, soll nach Vorstellung der Bundesrepublik ebenfalls noch Welterbe werden. Es handelt sich um den früheren Todesstreifen, der bis vor 35 Jahren die beiden deutschen Staaten teilte. Zwischen Stacheldraht und Selbstschussanlagen entwickelte sich ein Biotop. „Der Grenzstreifen wurde zum Refugium für mehr als 1.200 seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten“, erklärt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

© dpa-infocom, dpa:250713-930-791325/1


Von dpa
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