Die Zahl der weltweit erfassten Hinrichtungen ist laut einem Bericht auf den höchsten Stand seit zehn Jahren gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden in 15 Ländern mehr als 1.500 Exekutionen dokumentiert, wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mitteilt. Die meisten der Todesurteile wurden demnach in China, Iran, Saudi-Arabien, Irak und Jemen vollstreckt. Amnesty verweist dabei auf dokumentierte Hinrichtungen – die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen.
Im Iran, Saudi-Arabien und Irak stieg die Zahl der Hinrichtungen 2024 laut Amnesty stark an. Insgesamt vollstreckten die drei Staaten mindestens 1.380 Todesurteile. Im Irak vervierfachte sich die Zahl der Exekutionen von mindestens 16 auf mindestens 63, während Saudi-Arabien sie von 172 auf mindestens 345 verdoppelte. Der Iran richtete mindestens 972 Personen hin.
„Iran, Irak und Saudi-Arabien tragen die Verantwortung für den drastischen Anstieg der Hinrichtungen im vergangenen Jahr“, sagte Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, einer Mitteilung zufolge. „Allein diese drei Länder haben mehr als 90 Prozent der uns bekannten Todesurteile weltweit vollstreckt“, sagte Duchrow. Insbesondere in Saudi-Arabien und Iran werde die Todesstrafe eingesetzt, „um all jene mundtot zu machen, die mutig genug sind, ihre Meinung zu sagen.“
Die Menschenrechtlerin kritisierte auch Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, der versprach, die Todesstrafe „energisch zu verfolgen“, um amerikanische Familien vor „gewalttätigen Vergewaltigern, Mördern und Monstern“ zu schützen. „Die entmenschlichenden Äußerungen Trumps stricken weiter an dem Märchen, dem zufolge die Todesstrafe Menschen besonders davon abschreckt, Straftaten zu begehen“, sagte Duchrow. Die Todesstrafe verhindere keine Verbrechen, sagte sie. „Das ist wissenschaftlich gut belegt.“ In den USA wurden 2024 Amnesty zufolge 25 Menschen hingerichtet.
In der Volksrepublik China werden vollstreckte Todesurteile nur selten öffentlich bekannt. Das von der Kommunistischen Partei regierte Land richtet Menschen durch Erschießen oder mit einer Giftspritze hin. Über die genaue Zahl der Exekutierten hüllt Peking den Mantel des Schweigens.
Hinrichtungen werden in der Regel über Staatsmedien verbreitet, meist bei Fällen, die großes Aufsehen erregten oder ein politisches Signal setzen sollen. Im Januar 2024 verbreiteten staatliche Medien etwa die Exekution eines Pärchens, das zum Tode verurteilt wurde, weil es in Chongqing im Jahr 2020 zwei Kinder aus einem Hochhaus geworfen hatte.
Zum Tode verurteilt wurden auch zwei Männer, die bei Amoktaten Ende vergangenen Jahres in Zhuhai im Süden Chinas und in Wuxi im Osten des Landes zahlreiche Menschen getötet hatten. Die Todesurteile wurden Anfang 2025 vollstreckt, nur wenige Monate nach den Taten.
Mit der Veröffentlichung von Hinrichtungen besonders korrupter Beamter oder Regierungskritiker sendet Peking in der Regel politische Botschaften. Aufsehen erregte etwa das Urteil gegen den Schriftsteller Yang Hengjun, der zu einer Todesstrafe auf Bewährung verurteilt wurde. Das bedeutet, dass die Strafe nach zwei Jahren guter Führung in eine lebenslange Haft umgewandelt werden kann. Yang kommentierte regelmäßig als Blogger die chinesische Politik und kritisierte mitunter die Kommunistische Partei.
© dpa-infocom, dpa:250408-930-426772/1