In der Union ist erneut eine Debatte über den Umgang und die Zusammenarbeit mit der AfD entbrannt. Drei ehemals einflussreiche Unionspolitiker, darunter der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber und Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatten sich zuvor für eine Lockerung der sogenannten Brandmauer zur AfD ausgesprochen. Während sich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zunächst auf Anfrage nicht äußern wollte, wies die CSU-Spitze alle Forderungen kategorisch zurück.
„Die CSU schließt jede Kooperation mit der AfD aus. Eine Zusammenarbeit mit der AfD würde Deutschland schaden und die Union zerstören“, sagte Huber der Deutschen Presse-Agentur in München. Auch CSU-Chef Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz hatten sich in der Vergangenheit wiederholt gegen jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen.
Der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, kritisierte die Forderungen nach einer Abkehr von der Brandmauer ebenfalls scharf: „Die These, die Höhe der Brandmauer sei mit ursächlich für die Erfolge der AfD, ist eine gefährliche intellektuelle Fehlzündung“, sagte der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft dem „Focus“. „Wir müssen nicht unsere Haltung zur AfD verändern, sondern unsere Politik und unsere Kommunikation.“
Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther und die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien stellen sich gegen Überlegungen in der Union zu einem veränderten Umgang mit der AfD. „Wir haben eine klare Haltung gegenüber der AfD, an der wird sich nichts ändern“, sagte Günther dem „Stern“. „Wer CDU und AfD in einem Atemzug nennt, hat nicht verstanden, was bürgerlich heißt.“
Ähnlich äußerte sich Bundesbildungsministerin Prien, die vor ihrem Wechsel nach Berlin Bildungsministerin in Schleswig-Holstein war und wie Günther dem eher liberaleren Unionsflügel zugerechnet wird. „Die AfD als Partei ist das genaue Gegenteil von bürgerlich“, sagte sie dem „Stern“. „Sie ist zumindest in Teilen – und zwar zunehmend – rechtsextremistisch.“ Sogenannte bürgerliche Mehrheiten in den Parlamenten gebe es mit der AfD nicht.
„Die AfD ist eine Gefahr für unser Land: Sie sind Gegner der Nato, wollen raus aus der EU und hin zu Putin. AfD-Abgeordnete gehen in der russischen Botschaft ein und aus und reisen für Gespräche in den Kreml - das ist kein Patriotismus, das ist Landesverrat“, betonte Huber. Überall, wo Christdemokraten in Europa mit Rechtsaußen zusammenarbeiteten, würden „immer die Extremen“ gewinnen. „Wir werden die AfD weiter inhaltlich stellen, politisch bekämpfen und ihr mit vernünftiger Politik den Nährboden entziehen.“
Baden-Württembergs CDU-Chef Manuel Hagel äußerte sich ebenfalls ablehnend: „Klar ist, eine Zusammenarbeit der CDU Baden-Württemberg mit der AfD wird es nicht geben.“ Alles Moralisieren, Ausgrenzen, Verteufeln habe in den letzten Jahren nachweislich nicht dazu geführt, die AfD zu schlagen, die CDU müsse „die AfD ans Tageslicht zerren und ihre kruden Thesen enttarnen“.
Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, hatte die Brandmauer bereits vor einigen Tagen im „Cicero“ verteidigt: „In der AfD werde von der „Vernichtung der CDU” gesprochen. Mit so einer Partei können und dürfen wir nicht zusammenarbeiten.“
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel gab sich dennoch demonstrativ zuversichtlich, dass CDU und CSU in absehbarer Zeit mit ihrer Partei kooperieren würden: Nach der Ära von Kanzler Merz werde sich die Union nicht mehr verweigern können, sagte sie im „Stern“. „Solange sie jede Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt, bindet sie sich an Grüne, SPD und Linke, deren einziger Kitt es ist, die AfD von der Macht fernzuhalten.“
Im „Stern“ hatten sich auch Tauber, zu Guttenberg und der einstige Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission Andreas Rödder für eine Abkehr von der Brandmauer gegen die AfD starkgemacht. Tauber sagte, man dürfe „nicht jedes Thema in Abhängigkeit von der AfD debattieren“. „Die derzeitige Stigmatisierung hilft der AfD nur noch.“ Nach Ansicht von Rödder sei eine Isolation der AfD nicht die Lösung: „Je höher man die Brandmauer gezogen hat, desto stärker ist die AfD geworden.“ Auch der frühere CSU-Generalsekretär zu Guttenberg mahnte: „Entzauberung gelingt nicht durch Boykott“.
Über die Zusammenarbeit zwischen Union und AfD hatte es in der Vergangenheit bereits wiederholt viele Debatten gegeben. Im Januar hatte die Union im Bundestag versucht, eine Verschärfung der Migrationspolitik durchzudrücken. Ein Antrag hatte dabei nur eine Mehrheit erlangt, weil auch die AfD zustimmte. Merz hatte später Bedauern darüber geäußert.
© dpa-infocom, dpa:251015-930-165706/2