Grüne Dächer sehen nicht nur gut aus, sie sind auch natürliche Klimaanlagen. Denn sie binden Feuchtigkeit, die später langsam verdunstet und die Umgebung kühlt. Wer sich Grün aufs Dach holt, tut also auch etwas fürs Klima in seiner Umgebung.
„Dachbegrünung ist keine neue Erfindung. Es gibt über hundertjährige Häuser mit grünen Dächern und Wänden“, sagt Michael Henze vom Bundesverband Garten- und Landschaftsbau. Unter den heute veränderten Klimabedingungen können die bewachsenen Dächer ihre Vorteile so richtig ausspielen.
Besonders der kühlende Effekt im Sommer ist ein echter ökologischer Vorteil. „Deshalb sollten Bauherren und Hauseigentümer prüfen, ob sie ihr Dach statt mit Ziegeln, Bitumen, Beton oder Kies nicht lieber mit einer natürlichen grünen Schutzschicht decken.“
Wer ein Bestandsgebäude mit einem Gründach versehen möchte, sollte prüfen, ob durch die Dachbegrünung die Statik des Gebäudes beeinträchtigt wird. Für diese Fälle ist eine Baugenehmigung notwendig. In vielen Fällen aber ist keine Baugenehmigung erforderlich. „Sicherheitshalber sollte man beim Bauamt nachfragen“, rät Michael Henze.
Ein wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen eine grüne Bepflanzung ist zudem die Neigung des Daches. „Je steiler es ist, desto schwieriger wird es mit der Begrünung“, sagt Gunter Mann, Präsident des Bundesverbands GebäudeGrün.
Optimal sind fünf bis 15 Grad Neigung. Ab einem Neigungswinkel von 15 bis 20 Grad stellt die Begrünung schon eine Herausforderung dar. „Steildächer von 30 bis 45 Grad sollte man unbedingt Profis überlassen. Denn dafür ist eine besondere Absturzsicherung notwendig.“
Die meisten Hausbesitzer entscheiden sich für die weniger aufwendige extensive Dachbegrünung. Dabei wird das Dach mit trockenheits- und hitzebeständigen sowie frostunempfindlichen Pflanzen ausgestattet, die nur gelegentlich Pflege brauchen.
Das Dach wird also nur ab und zu betreten. „Geeignet für solche Dächer sind Pflanzen, wie sie auch in Steingärten gedeihen, zum Beispiel Moose, Gräser, Sedum, Mauerpfeffer und Kräuter. Auch seltene Arten, die auf der Roten Liste stehen und sehr attraktiv für Bienen und andere Insekten sind“, so Michael Henze.
Intensive Dachbegrünungen sind viel aufwendiger. Sie sind mit Gärten auf dem Boden vergleichbar, die benutzt und gepflegt werden. Auf diesen Dächern wachsen Blumen, Stauden, Sträucher, und Bäume. „Sie müssen deshalb natürlich viel dickschichtiger sein als extensive Gründächer“, so Michael Henze.
Entsprechend größer ist die Last, die auf dem Dach liegt. Boden und Bepflanzung wiegen bis zu 500 Kilogramm pro Quadratmeter. Extensive Gründächer bringen es dagegen nur auf 50 bis 100 Kilogramm pro Quadratmeter.
Intensive Dachbegrünungen eignen sich in der Regel für Flachdächer, die dennoch eine geringe Neigung aufweisen müssen, damit das Wasser abfließen kann. Begehbare Dächer benötigen ein Mindestgefälle von zwei bis drei Prozent.
„Jedes Gründach braucht eine wurzelfeste Dachabdichtung oder eine zusätzliche Wurzelschutzbahn“, sagt Gunter Mann. Die verhindert, dass die Wurzeln in die Dachhaut eindringen und sie verletzen.
Außerdem muss von einem Architekten oder Statiker errechnet werden, wie dick und schwer die Schicht auf dem Dach sein darf. Auch Parameter wie Windsoglast, Wassersättigung und Schneelasten müssen bei der Planung des Gründaches berücksichtigt werden.
Ohne eine genaue Planung und Berechnung der Statik des Hauses sollte kein Bauherr ein Gründach alleine in Angriff nehmen. „Man kann viel falsch machen“, warnt Michael Henze. Im schlimmsten Fall nimmt das Dach Schaden. „Leckagen, die auf einem bepflanzten Dach auftreten, sind später schwer zu orten und zu beseitigen.“
Normale Gartenerde ist für die Bepflanzung auf dem Dach nicht geeignet. Es gibt spezielle Pflanzsubstrate, die an regionale Bedingungen und die Dicke der Gründachschicht angepasst sind. „Ein grünes Dach ist viel komplexer als ein Beet im Garten“, sagt Michael Henze. So muss nicht nur die Zusammensetzung des Substrats stimmen. Auch die Bewässerung und das Abfließen des Wassers müssen genau geplant werden, damit es nicht zu Staunässe kommt.
Nach Angaben des Bundesverbandes GebäudeGrün liegen die Kosten für eine extensive Dachbegrünung ab etwa 50 bis 80 Euro pro Quadratmeter, für intensive Gründächer ab etwa 100 Euro pro Quadratmeter. „Es gibt für Gründächer Fördermittel von Kommunen, aber auch von Bund und Ländern“, so Gunter Mann.
Indirekt gefördert werden Gründächer in einigen Kommunen durch die Gebührenreduktion bei der gesplitteten Abwassergebühr. Dabei werden nach Maßnahmen wie einer Dachbegrünung, die zum lokalen Regenwasserrückhalt beitragen, die Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung reduziert.
Die Dachbegrünung hat viele Vorteile. Sie schützt das Gebäude vor Hitze und Überflutung, bindet Feinstaub, mindert Lärm und dichtet das Dach gut ab. „Anders, als mancher Hauseigentümer annimmt, ist der Pflanzenbewuchs keine Gefahr für das Dach. Im Gegenteil, die Begrünung verlängert die Lebensdauer des Daches und steigert den Wert der Immobilie“, betont Michael Henze.
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