Mit 9101 Metern ist es das tiefste Bohrloch der Welt, an dem geforscht wird: Experimente an der kontinentalen Tiefbohrung (KTB) im Geo-Zentrum in Windischeschenbach in der Oberpfalz sollen Erkenntnisse für die Erdbebenforschung und die Gewinnung von Erdwärme bringen. 30 Jahre nach dem Stopp der Bohrung zeigten Experten bei einem Festakt den Stellenwert des Projektes auf.
Neben aktueller Forschungsarbeit sollen an der KTB vor allem Schüler für das Thema Geowissenschaften sensibilisiert werden. Das Schülerlabor wird den Angaben nach jedes Jahr von etwa 200 Klassen besucht, die Dauerausstellung hat jährlich rund 20.000 Besucher. Das Geo-Zentrum an der KTB ist eine staatlich anerkannte Umweltstation.
Insofern ist es für die Region bis heute ein touristischer Anziehungspunkt. Der markante, 83 Meter hohe Bohrturm ist von weithin sichtbar und prägt seit Jahrzehnten das Landschaftsbild der Region. Ein architektonisches Schmuckstück sei der Bohrturm nicht, sagte Bürgermeister Karlheinz Budnik, aber ein Symbol für den menschlichen Forscherdrang.
Die Geophysikerin Susanne Buiter, wissenschaftliche Vorständin des Helmholtz-Geoforschungszentrums (GFZ) Potsdam, blickte zurück auf die Entstehung des Projektes, das im September 1987 mit einer eineinhalbjährigen Vorbohrung bis in vier Kilometer Tiefe begann. Die Hauptbohrung begann im Oktober 1990. Das Projekt sei für die Forscher ein Abenteuer und völliges Neuland gewesen, sagte Buiter. Spannend sei auch das technische Verfahren der vertikalen Tiefbohrung gewesen.
Eine Erkenntnis war, dass es schneller wärmer geworden war als erwartet. In 9,1 Kilometern Tiefe herrschten 265 Grad. Deswegen habe leider nicht weiter gebohrt werden können. Bis heute werde das Bohrloch für geologische Untersuchungen genutzt, zum Beispiel in der Geothermie.
Das Wissen, in welcher Tiefe das Gestein weich werde, helfe zum Beispiel bei der Erdbebenforschung, erläuterte Frank Holzförster, der wissenschaftliche Leiter des Geo-Zentrums. Etwa, wenn es um die Entstehung und Ausbreitung von Erdbebenwellen gehe. Diese Erkenntnisse könnten dann beispielsweise herangezogen werden, wenn es um die Suche nach möglichen Standorten für ein Atommüll-Endlager gehe.
Das Ziel der Bohrung sei damals nicht gewesen, so tief wie möglich zu kommen. Vielmehr sei es darum gegangen, die physikalische Struktur der Erdkruste zu erforschen, sagte Holzförster.
In Russland gibt es den Angaben nach ein Bohrloch, das 12.262 Meter Tiefe erreichte. Dieses wird seit 1992 nicht mehr genutzt und ist verschüttet. In den USA gibt es zwei Bohrlöcher, die etwas tiefer sind als das in Windischeschenbach, berichtet Holzförster. Auch diese würden nicht für die Forschung genutzt.
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