Gut zwei Jahre nach der Flugblatt-Affäre um Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sieht sich ein Ex-Lehrer an der Schule des Freie-Wähler-Chefs weiter mit einem dienstrechtlichen Verfahren konfrontiert. Die Ermittlungen in dem Fall dauerten weiter an, sagte ein Sprecher der Landesanwaltschaft Bayern der Deutschen Presse-Agentur. Geprüft werden dürfte dabei vor allem, ob der Ex-Lehrer gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen haben könnte, die auch für Beamten im Ruhestand gilt.
Der ehemalige Lehrer war verdächtigt worden, ein antisemitisches Flugblatt mit menschenverachtenden Inhalten aus Aiwangers Schulzeit an die „Süddeutsche Zeitung“ weitergegeben zu haben. Bei der Staatsanwaltschaft Regensburg gingen deshalb mehrere Anzeigen wegen der Verletzung von Dienst- und Privatgeheimnissen ein. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Mann wurden in der Zwischenzeit eingestellt, das dienstrechtliche Verfahren lief danach aber weiter. Im für ihn schlimmsten Fall könnte dem Ex-Lehrer eine Kürzung oder gar eine vollständige Aberkennung der Pension drohen.
Die Staatsanwaltschaft Regensburg war bei ihren Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen, dass man dem Ex-Lehrer die Weitergabe des Flugblatts nicht habe nachweisen könne. Die Zeitung habe aus Gründen des Redaktionsgeheimnisses und des Quellenschutzes keine Angaben gemacht. Der Beschuldigte habe die Aussage verweigert. Es sei zudem möglich, dass die Zeitung aus einer Schülerarbeit von dem Pamphlet erfahren habe. Diese war in der KZ-Gedenkstätte Dachau archiviert.
Die Flugblatt-Affäre war am 25. August 2023 durch einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ ins Rollen gebracht worden. Aiwanger geriet damals kurz vor der Landtagswahl massiv unter Druck, nachdem öffentlich wurde, dass in seiner Schulzeit ein antisemitisches und menschenverachtendes Flugblatt bei ihm gefunden worden war. Sein Bruder sagte daraufhin, er habe das Pamphlet geschrieben.
Die Affäre brachte die Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern wenige Wochen vor der Landtagswahl an den Rand des Zusammenbruchs. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) entschied sich letztlich aber gegen eine Entlassung seines Stellvertreters. Bei der Landtagswahl schadete Aiwanger die Affäre offenbar nicht: Die Freien Wähler holten 15,8 Prozent der Stimmen - ein Plus von 4,2 Prozentpunkten gegenüber der Wahl 2018. CSU und Freie Wähler setzten ihre Koalition fort, Aiwanger blieb stellvertretender Ministerpräsident.
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