Egal, um welches Verbrechen es geht: Elly Albaner hilft beim Weißen Ring den Opfern von Straftaten und wird dafür mit dem Ehrenamtspreis der FLZ für den Monat August ausgezeichnet.
Ihr Auftrag ist es nicht, sich um Vorgeschichten oder Schuldfragen zu kümmern. Sie ist für die Menschen da, die direkt oder als Angehörige betroffen sind und nicht wissen, wie es jetzt für sie weitergehen kann. Da heißt es erst einmal Zuhören, ohne Zweifel. „Wir müssen jedem Opfer glauben. Die ersten Gespräche dauern oft ein oder zwei Stunden. Und wenn wir weggehen, sind die Leute meistens total froh.“
Die Bandbreite ist unbegrenzt, von der Unterstützung für eine Familie nach dem Mord am Vater bis zur Frage, welche Hilfen es nach häuslicher Gewalt, einem Einbruch oder Brandstiftung geben kann. Elly Albaner zeigt Wege auf. „Wir haben eine Lotsenfunktion, damit die Leute wissen, wo sie hingehen können. Mit unserem hohen Bekanntheitsgrad haben wir ein breites Netzwerk aufgebaut.“
Die Perspektive von Leuten, die sich plötzlich mit völlig unerwarteten Problemen konfrontiert sehen, kennt sie aus eigener Erfahrung. Sie wandte sich im Jahr 1997 an den Weißen Ring, weil sie sich bei einem Immobilienkauf betrogen fühlte. Ihr Interesse an der Arbeit des bundesweiten Vereins war erwacht. Sie wurde Mitglied und begann ein Jahr später ihre ehrenamtliche Arbeit.
„Man wird beim Weißen Ring nicht ins kalte Wasser geschmissen, sondern ziemlich gut ausgebildet“, blickt sie auf mehrere Seminare in ihrer Anfangszeit zurück. „Ohne diese Ausbildung wäre es zu kompliziert. Vieles muss man sich dann aber durch die Erfahrung aneignen.“
Der gelernten Sekretärin half es enorm, bei verschiedenen beruflichen Stationen Einblicke gewonnen zu haben. Unter anderem war sie im Verwaltungsgericht und beim Bezirk Mittelfranken für den Landschaftspflegeverband tätig. Für dessen langjährigen Vorsitzenden und CSU-Politiker Josef Göppel wurde sie zu einer engen Mitarbeiterin.
Neben dem Beruf blieb sie ihrer Aufgabe beim Weißen Ring treu. „Im Jahr 2010 bin ich von Erich Gröger, dem damaligen Leiter der Außenstelle, gefragt worden, ob ich die Stellvertretung übernehmen würde.“ Seit 2019 leitet sie diese Außenstelle für Stadt und Landkreis Ansbach. Damit klingelt immer ihr Telefon, wenn sich aus diesem großen Bereich mit rund 230.000 Einwohnern jemand an den Weißen Ring wendet. „Die meisten sind froh, wenn man ihnen zuhört. Manche rufen auch erst mal bei uns an. Da waren sie noch nicht mal bei der Polizei.“
Mit Polizei und Staatsanwaltschaft gibt es keinen Austausch zu den Inhalten der Gespräche. Sie bleiben absolut vertraulich. „Verschwiegenheit ist das oberste Prinzip. Auch im kollegialen Austausch sagen wir keine Namen.“ Nach dem Telefonat folgt eine persönliche Begegnung. „Wir haben kein eigenes Büro, sondern sind sehr viel unterwegs. Gespräche finden bei Opfern, in Cafés oder in Räumen von Gemeinden oder Behörden statt. Dort finden wir überall offene Türen, wenn wir einen Raum brauchen.“
An den Gesprächen müssen von den Aktiven im Weißen Ring immer zwei Personen teilnehmen. Elly Albaner muss nie lange suchen. Ihre Tochter Liliane engagiert sich seit 14 Jahren ebenfalls in dem Verein. „Wir ergänzen uns in der ganzen Arbeit und sind ein gutes Team”, so die Mutter. „Man muss sich auf jeden Fall einstellen, und manchmal ist es ganz schön schwierig. Manche Fälle beschäftigen einen sehr lange. Dadurch, dass wir darüber sprechen, können wir es besser verarbeiten. Das ist ganz wichtig.“
Liliane Albaner schätzt die Herausforderungen. „Wir hatten schon einige skurrile Fälle. Alles kann möglich sein”, sagt sie. „Es ist nicht unsere Aufgabe, herauszufinden, was wirklich passiert ist. Das ist Sache der Polizei.“ Eine Rechtsberatung gibt es nicht beim Weißen Ring, aber jede Menge Informationen über fachliche Angebote und die richtigen Ansprechpartner. Liliane Albaner sieht auch die psychologische Seite. „Es gibt Opfer, die den Glauben an unsere Gerichtsbarkeit verloren haben. Sie waren enttäuscht über Urteile. Da können wir nur zuhören.“
Danach tüfteln Mutter und Tochter gemeinsam und im kollegialen Kreis von Landes- und Bundesverband aus, was in welchem Fall möglich ist. „Wir analysieren, wie wir Opfern helfen können und zeigen ihnen einen Weg, was sie machen können“, sagt Elly Albaner. Durch Spenden und Mitgliedsbeiträge hat der Weiße Ring auch ein gewisses Budget, um eine erste Beratung bei Anwälten oder Soforthilfen nach tödlichen Straftaten finanziell zu unterstützen, wenn eine Bedürftigkeit nachgewiesen ist.
Rund 60 Fälle betreut Elly Albaner mit ihrem Team im Jahr. Dazu kommt die präventive Arbeit mit Informationsständen, der regelmäßige Kontakt zu Behörden und Hilfsorganisationen und der Austausch bei Seminaren. Zur Vorbeugung gehören auch kleine Tipps, zum Beispiel gegen Telefonbetrüger. „Wir sagen den Leuten, sie sollen ihr Alter und ihren Wohnort nicht öffentlich angeben, um nicht Opfer bei den Enkeltricks zu werden“, sagt Elly Albaner. „Daran halte ich mich selbst.“
Ihr langjähriger Einsatz begann mit einer Hoffnung. „Wir dachten, vielleicht können wir beim Weißen Ring anderen Leuten helfen.“ Das hat sich für sie erfüllt. Trotz aller Belastungen durch die sehr nah erlebten Folgen von Straftaten empfindet sie ihr Arbeit als Bereicherung. „Man kommt zu vielen Leuten, das war immer interessant. Mir hat es bis jetzt gut gefallen.“
Für ihr Engagement wird Elly Albaner bei der Aktion „Mein Ehrenamt” mit dem Preis für den Monat August ausgezeichnet. Sie kennen auch eine Person aus der Region, deren ehrenamtliches Engagement einen Preis verdient hätte? Dann schlagen Sie sie über unser Bewerbungsformular vor. Hier finden Sie alles zur Aktion.