Nicht mal 24 Stunden vor den ersten Trainingskilometern der neuen Saison ist die wochenlang schwelende Angelegenheit um Red Bulls Weltmeister-Macher Christian Horner geklärt und beendet. Der dienstälteste Teamchef der Formel 1 bleibt im Amt. Nach den Ermittlungen durch einen unabhängigen Anwalt teilte der Mutterkonzern Red Bull am Mittwoch mit: „Red Bull kann bestätigen, dass die Beschwerde abgewiesen wurde. Die beschwerende Partei hat das Recht, Berufung einzulegen.“
Eine Mitarbeiterin hatte Horner unangemessenes Verhalten vorgeworfen, der 50 Jahre alte Brite hatte diese Vorwürfe seit Bekanntwerden bestritten. „Red Bull ist überzeugt, dass die Untersuchung fair, gründlich und unbefangen war“, hieß es in der Erklärung weiter. Details wurden nicht bekannt oder genannt. „Der Untersuchungsbericht ist vertraulich und enthält private Informationen der Parteien und Dritter, die an der Untersuchung mitgewirkt haben. Aus Respekt für alle Beteiligten wird Red Bull sich daher nicht weiter dazu äußern.“
Die Formel 1 entgeht damit unmittelbar vor dem Auftakt in die Rekordsaison mit 24 Rennen einem schweren Image-Crash. Schaden hat sie schon genommen. Die Sache hänge über dem Sport, hatte Rekordweltmeister Lewis Hamilton von Mercedes bei der offiziellen Fahrerpressekonferenz wenige Stunden vor dem Bekanntwerden des Freispruchs betont: „Es ist ein wichtiger Moment für den Sport, um zu zeigen, dass wir zu unseren Werten stehen.“
Selbst wenn ihn nach eigener Aussage die Angelegenheit nicht belastet, hoffte auch Verstappen auf eine schnelle Klärung, sagte er bei der Pk. Ob er da schon über den Ausgang der Ermittlungen, die am 5. Februar ebenso wie die Vorwürfe bestätigt worden waren, informiert war, ist nicht bekannt. „Es ist nicht mein Fall, wir müssen als Team dem Prozess vertrauen, aber wir müssen auch geduldig sein“, sagte er bei der Pressekonferenz.
Medien hatten berichtet, dass Horner am 9. Februar mehrere Stunden angehört worden war. Danach war er bei der Präsentation des neuen RB20 ebenso in seinem Amt im Einsatz Mitte Februar gewesen wie bei den Testfahrten auf dem Bahrain International Circuit in der vergangenen Woche.
Über seine Anreise zum Auftaktrennen, das wegen des islamischen Fastenmonats Ramadan bereits am Samstag (16.00 Uhr MEZ/RTL und Sky) stattfindet, hatte es wilde Spekulationen gegeben. Die Mitteilung des Konzerns, dem laut Sky Sports UK ein 100-seitiger Ermittlungsbericht vorgelegen hatte, beendete sämtliche Vermutungen.
Inwiefern das Thema aber weiter hochkocht in der Wüste von Sakhir, bleibt abzuwarten. Für Verstappen jedenfalls ändert sich nun nichts beim Versuch, den vierten Titel in Serie zu gewinnen. Die größten Zweifel, dass er es nach 19 Siegen in 22 Rennen in der vergangenen Saison diesmal wieder schaffen könnte, herrschen nicht unbedingt im Fahrerlager.
„Ich schätze, 19 Fahrer denken jetzt, dass sie nicht Weltmeister werden“, betonte der zweimalige Champion Fernando Alonso bereits: „Wenn man Max und den Red Bull in Aktion gesehen hat, scheint es, für alle anderen geringere Chancen zu geben, in diesem Jahr ein Rennen zu gewinnen.“
Der Chef der vollelektrischen Rennserie Formel E will sogar demjenigen, der Verstappen schlägt, am Ende dieses Jahres 250.000 US-Dollar (rund 232.000 Euro) für wohltätige Zwecke überweisen. „Wenn er sich nicht verletzt oder etwas Verrücktes passiert, hat er zu 99 Prozent die Trophäe in der Tasche“, prophezeite Jeff Dodds.
Also alle gegen Verstappen? Ein bisschen mehr Klarheit über die Kräfteverhältnisse wird es nach den ersten Trainingsrunden an diesem Donnerstag geben, wer auf einer Runde ganz vorn ist, zeigt sich am Freitag in der Qualifikation. Und wer auf der langen Distanz das schnellste Auto - zumindest für den Kurs in Bahrain - gebaut hat, am Samstag.
24 Rennen sind es in diesem Jahr insgesamt und damit so viele wie noch nie seit dem WM-Beginn 1950. Die Formel 1 wird nach fünf Jahren auch nach China zurückkehren, Deutschland bleibt außen vor.
Und die Formel 1 und ihre Fans werden Zeugen des letzten Jahres von Lewis Hamilton im Mercedes: Der siebenmalige Champion aus England wird ab 2025 den roten Rennoverall von Ferrari anziehen. Eine Konstellation, die es in sich haben könnte. „Erdbeben“ („Le Monde“), „gigantischster aller Schocks“ („The Independent“) oder auch „Unterschrift des Jahrhunderts“ („Mundo deportivo“) - an Superlativen mangelte es nicht, als der Sensationswechsel bestätigt wurde. Der Verlockung des Mythos Ferrari, von viel, viel Geld und der Aussicht, diesen so ersehnten achten Titel, mit dem er den ehemaligen Ferrari-Star Michael Schumacher überholen würde, ausgerechnet in einem Wagen der Scuderia zu holen, konnte Hamilton nicht widerstehen.
Dass es in diesem Jahr noch im diesmal silberschwarzen Mercedes klappt mit dem Triumph, ist nach den ersten Eindrücken zumindest nicht sehr wahrscheinlich. Selbst wenn Hamilton, der im Januar 39 Jahre alte wurde, schon betonte: „Ich fühle mich so motiviert und fokussiert wie niemals zuvor.“ Und auch das feststellte: „Ich hätte nie gedacht, dass es einen Punkt in meinem Leben geben würde, an dem ich so einen Hunger habe wie jetzt.“
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