Die Lage am Arbeitsmarkt verschärft sich. Das spüren auch ältere Arbeitnehmer ab 50, die sogenannten Best Ager: „Die Jobsuche in dieser Altersgruppe dauert spürbar länger als noch vor einigen Jahren“, berichtet Georg Scheiber, Partner der Beratungsgesellschaft von Rundstedt.
Rund siebeneinhalb Monate seien es derzeit im Durchschnitt, zwei Monate mehr als früher. „Je nach Branche, Position, Qualifikation und anderen Faktoren kann es auch schneller gehen – oder länger dauern“, so Scheiber.
Ähnlich bewertet Tatiana Kitschke, Projektmanagerin der Personalberatung Hays, die Lage: Die Chancen für Bewerber über 50 hängen stark von der Branche und den individuellen Qualifikationen ab. In Bereichen wie IT, Cybersecurity, Energieversorgung und Pflege sind die Aussichten weiterhin gut. Schwieriger wird es in schwächelnden Branchen wie dem Automobilbau. Auch in „schnelllebigen“ Feldern mit jüngerem Durchschnittsalter haben ältere Arbeitnehmer es schwerer, etwa im Online-Marketing.
Das Alter ist kein Ausschlusskriterium, erschwert die Jobsuche aber. „Altersdiskriminierung ist ein reales Problem, das sich oft subtil äußert“, sagt Kitschke. Die „unbewusste Diskriminierung“ fange mit Stellenanzeigen an, die nach Verstärkung für „ein junges, dynamisches Team“ suchen. Und sie ende häufig damit, dass ältere Bewerber keine Rückmeldungen erhalten oder nur eine standardisierte Absage.
Manchmal stehen sich ältere Bewerber auch selbst im Weg. „Personaler spüren es, wenn jemand sich selbst für zu alt hält“, sagt Georg Scheiber. Eine positive Haltung ist entscheidend: Wer sich seiner Stärken und Erfahrungen bewusst ist, wirkt überzeugender.
Eine weitere Hürde beim Jobwechsel ist Scheiber zufolge die oft geringe Flexibilität älterer Kandidaten. Wer längere Arbeitswege, ein niedrigeres Gehalt oder neue Aufgaben akzeptiert, verbessert seine Chancen deutlich. „Wer hier auf seinen gewohnten Standards beharrt, ist gegenüber jüngeren Bewerbern klar im Nachteil“, so Scheiber.
Zugleich können ältere Bewerber mit ihren Stärken punkten: Vor allem älteren Führungskräften stehen viele Möglichkeiten offen. „Einige werden erst mit Anfang 50 Führungskraft und sammeln dann wertvolle Kompetenzen“, sagt Kitschke.
Hinzu kommen persönliche Stärken wie Krisenresilienz, Zuverlässigkeit und Disziplin. „Ältere Arbeitnehmer bringen oft unbewusst Qualitäten mit, die Unternehmen schätzen“, so Kitschke. Diese Eigenschaften sorgen für Ruhe und Souveränität im Team – gerade in Zeiten des Wandels ein Plus.
Fachkräfte mit aktuellem Spezialwissen und Bewerber mit hoher digitaler Kompetenz sind ebenfalls gefragt. Doch Vorsicht: „In Bewerbungen zählen nur aktuelle Fachkenntnisse, deswegen ist Weiterbildung entscheidend“, so Kitschke. Zudem ist sie für Personaler ein Zeichen für Lernbereitschaft und Flexibilität.
In der Bewerbung müssen sich Best Ager fokussieren, sagt Karriereberaterin Sabine Votteler. Personaler lesen keine sechsseitigen Lebensläufe. Sie müssen auf den ersten Blick erkennen können, warum ein Bewerber interessant ist:
Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen führen für Ältere oft ins Leere, sagt Sabine Votteler. Zu groß sei die Konkurrenz durch jüngere Kandidaten. Nach ihrer Erfahrung finden 80 bis 90 Prozent der Best Ager passende Jobs über persönliche Kontakte.
Ihr Rat: Pflegen Sie Ihr Netzwerk, beleben Sie alte Verbindungen und knüpfen Sie gezielt neue – auch außerhalb Ihrer gewohnten Kreise. Dafür bieten sich Veranstaltungen, Kongresse und Social Media an. „Es ist immer wieder überraschend, wie leicht sich auf LinkedIn Kontakte knüpfen lassen und wie viele Menschen, auch in Führungspositionen, sich dann Zeit für ein persönliches Gespräch nehmen“, sagt Votteler.
© dpa-infocom, dpa:251001-930-112607/1