Eine günstige Sache war ein Führerschein schon früher nicht. Um eine Fahrerlaubnis zu bekommen, werden inzwischen aber oft einige Tausend Euro fällig, und das bringt viele in finanzielle Probleme. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder plant jetzt eine Kostenbremse, die bei der Ausbildung in den Fahrschulen ansetzt - und zwar mit Vereinfachungen und digitalen Lösungen für die theoretischen und praktischen Teile. „Mobilität darf kein Privileg sein“, sagte der CDU-Politiker bei der Vorstellung von Eckpunkten für eine Reform.
Für einen Pkw-Führerschein der Klasse B werden laut Ministerium derzeit im Schnitt rund 3.400 Euro fällig. Teils können es auch 4.000 Euro oder noch mehr sein. Der Weg zum Führerschein solle einfacher und bezahlbarer werden, sagte Schnieder - und das bei weiterhin höchsten Sicherheitsstandards. Denn ein Führerschein sei ein Schlüssel zur Freiheit, besonders da, wo Bus und Bahn selten fahren. „Für viele junge Menschen auf dem Land bedeutet er: zur Schule kommen, die Ausbildung beginnen, Freunde treffen oder zum Sport fahren.“
Union und SPD hatten eine Reform im Koalitionsvertrag vereinbart. Schnieder schlägt dazu jetzt ein Paket mit Neuregelungen vor, über die mit den Ländern und der Branche weiter beraten werden soll. Werden alle umgesetzt, sollen die Kosten „deutlich“ sinken, wie der Minister sagte. Eine genaue Größenordnung nannte er nicht. Mindestens mehrere Hundert Euro könnten es aber sein. Die geplanten Änderungen sollen im ersten Halbjahr 2026 auf den Weg kommen.
Eine Übersicht über die Kernpunkte:
- Der Katalog von mittlerweile 1.169 Fragen für die theoretische Prüfung soll auf etwa 750 Fragen schrumpfen. Im Fokus stehen soll dann aber die relevanten Themen der Verkehrssicherheit. Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände unterstützt das. „Wenn die Theorie etwas entschlackt wird, ohne den Wert der Prüfung zu minimieren, dann hebt das natürlich die Motivation der Prüflinge“, sagte der Vizevorsitzende Kurt Bartels der „Rheinischen Post“ schon vorab.
- Die Pflicht zu Präsenzunterricht soll entfallen und Wissen auch komplett über digitale Wege wie Apps oder Lernplattformen vermittelt werden können. Dann bräuchten Fahrschulen keine Schulungsräume mehr, Vorgaben dafür fielen weg.
- Künftig sollen häufiger Fahrsimulatoren eingesetzt werden können, statt direkt auf der Straße unterwegs zu sein. Damit kann laut Ministerium zum Beispiel das Fahren in Wagen mit Schaltgetriebe geübt werden. Fahrschulen bräuchten dann angesichts des Trends zu Automatikfahrzeugen nicht extra Autos mit Schaltung anzuschaffen - und die Prüfung wird in einem Automatikwagen gemacht.
- Vorgesehen sind auch weniger verpflichtende Sonderfahrten in der Nacht, auf Autobahnen und über Land. Möglich sein soll, sie teils am Simulator zu machen.
- Die Fahrzeit in der praktischen Prüfung soll auf 25 Minuten verkürzt werden, entsprechend europäischer Mindestvorgaben. Für Pkw-Führerscheine üblich ist laut Autofahrerclub ADAC derzeit eine gesamte Prüfungsdauer von 55 Minuten. Darunter ist laut Ministerium bisher eine reine Fahrtzeit von 30 Minuten.
- Angaben zu Kosten und Durchfallquoten aller Fahrschulen sollen im Internet transparent und vergleichbar gemacht werden. Wie genau, steht noch nicht fest. SPD-Verkehrsexpertin Isabel Cademartori sagte, Fahrschulen, die gut und gewissenhaft ausbilden, sollten keinen Nachteil haben. Kostenbestandteile gibt es einige, von Preisen für Lernmaterial und Fahrstunden bis hin zur Prüfung.
- Schnieder schwebt eine „Experimentierklausel“ vor: Erprobt werden könnte, ob Eltern oder andere nahe Personen mit Erfahrung am Steuer mit Fahrschülern üben können. Das könnte auch Erfolgsaussichten in der Prüfung verbessern.
- Fahrschulen sollen von Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten entlastet werden. Fortbildungen für Fahrlehrer sollen digitalisiert werden.
Aus Sicht von Branchenvertretern können bei einer kompakteren Ausbildung Fahrstunden gespart werden. Besonders, wenn Prüflinge durchfallen, geht das noch einmal extra ins Geld. „Die extrem steigende Zahl der Fahrstunden ist der hauptsächliche Kostentreiber“, sagte Verbandsvize Bartels der „Rheinischen Post“. Das liege unter anderem an einer höheren Verkehrsdichte und daran, „dass Jugendliche aufgrund der Smartphone-Nutzung eine schlechtere Verkehrswahrnehmung haben als noch vor 20 Jahren“. Möglich seien auch verpflichtende Lernzielkontrollen, damit Fahrschüler mehr am Ball bleiben.
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