Beim Streicheln des Vierbeiners bemerkt man es auf einmal: Ist da ein Knubbel? Fühlt man einen, kann der viele Ursachen haben. Einige davon sind harmlos. Möglicherweise handelt es sich jedoch um einen bösartigen Tumor. Was also tun?
„Man kann den Knubbel eine Zeit lang beobachten, ob er weggeht. Wenn er bleibt, sollte man zum Tierarzt gehen und ihn punktieren lassen“, empfiehlt Juliane Glatz, Tierärztin beim Zentrum für Kleintiermedizin Neunkirchen-Seelscheid.
Denn: „Man kann nur vom Abtasten nicht wissen, ob etwas gut- oder bösartig ist“, erklärt Martin Kessler. Er ist Mitbegründer der Tierklinik im hessischen Hofheim, in der unter anderem Chemo- und Bestrahlungstherapie für krebskranke Tiere angeboten wird. Im ungünstigsten Fall jedoch ist der Knubbel Krebs, der sich unbehandelt ungehindert ausbreiten kann.
Die gute Nachricht: Mittlerweile kann auch bei Tieren Krebs häufig erfolgversprechend behandelt werden. „Es gibt erhebliche Fortschritte in der Behandlung, denn man versteht heute Tumorerkrankungen besser und kann sie damit auch besser therapieren“, so Kessler.
Vor der Behandlung muss allerdings genau diagnostiziert werden, um welchen Krebs es sich handelt und wie weit er sich ausgebreitet hat. Dann wird ein individueller Therapieplan erstellt. Bei einigen Krebsarten reicht ein chirurgischer Eingriff, manchmal wird er kombiniert mit einer Chemo- oder einer Strahlentherapie.
Laut Kessler kostet eine Operation etwa zwischen 500 und 5000 Euro, für eine Bestrahlungstherapie muss man mit Kosten von 2000 bis 10.000 Euro rechnen. Die Kosten für eine Chemotherapie hängen von der Größe des Tieres ab. Sie liegen zwischen 2000 und 5000 Euro.
Die Chemotherapie wird dem Tier mittels Infusion, Tabletten oder Injektion verabreicht. Da die Tiere bei einer Bestrahlung ganz ruhig liegen müssen, werden sie hierfür in Narkose gelegt. „Eine solche Narkose ist das geringste Problem. Wir machen seit dem Jahr 2001 Bestrahlungen und haben noch nie ein Tier in der Narkose verloren“, berichtet Kessler aus der Praxis. Aber auch andere Wege der Krebsbehandlung sind möglich. „Das ist sehr individuell“, so der Veterinär aus Hofheim.
Die Therapie ist für ein Tier in der Regel nicht so belastend wie für einen an Krebs erkrankten Menschen. „Die Zielsetzung ist in der Tiermedizin eine andere“, erklärt Tierärztin Glatz. Es geht nicht nur um eine Lebensverlängerung. „Wir wollen nicht die höhere Heilungsquote auf Kosten der Lebensqualität“, sagt Kessler.
Bei der Behandlung gegen Krebs wird daher eine deutlich geringere Medikamentendosis eingesetzt. Eventuelle Nebenwirkungen sollen möglichst gering gehalten werden. Manche Tiere haben dann auch gar keine. Andere hingegen erbrechen, bekommen Durchfall oder wollen nichts fressen. „Nach einigen Tagen hat sich der Darm regeneriert, dann hören die Nebenwirkungen auf“, sagt Juliane Glatz.
Generell steigt bei Hunden und Katzen die Zahl der Krebspatienten. Dies liegt an ihrer gestiegenen Lebenserwartung. Der Zusammenhang: Die Reparaturmechanismen des Körpers für genetische Schäden werden im Alter immer schlechter. „Je älter man wird, desto höher ist das Tumorrisiko“, so Kessler.
Bei Hunden spielt auch die Rasse eine Rolle. So gehören den Angaben des Veterinärmediziners zufolge über 90 Prozent der Patienten mit einem weißen Hautkrebs des Nagelbetts, dem Plattenepithelkarzinomen, der Rasse der Mittel- oder Riesenschnauzer an.
Ein Berner Sennenhund habe hingegen ein 260 Mal höheres Risiko, an Maligner Histiozytose zu erkranken, als ein Hund einer anderen Rasse. Erkennbar ist diese Krebserkrankung an Veränderungen in Lunge, Milz, Leber, Lymphknoten und im Blut. „Bei großen Hunden wie Doggen und Kangals, aber auch bei Mischlingen sind Tumore an den Knochen häufiger, diese sind sehr schmerzhaft“, sagt Tierärztin Glatz.
Bei Katzen gehören generell Lymphome im Bauchraum zu den häufigeren Tumoren, sie äußern sich zum Beispiel mit Erbrechen und Gewichtsabnahme. Die Katzenrasse spiele dagegen eine untergeordnete Rolle, da es verhältnismäßig wenig Rassekatzen gibt. Von diesen sind laut Martin Kessler vor allem Siamkatzen für bestimmte Tumorarten prädestiniert.
Tierhalter können allerdings manches tun, um das Krebsrisiko ihres Vierbeiners zu mindern. Es gelten ähnliche Regeln wie bei der Krebsvorsorge für Menschen: Empfohlen werden gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, Normalgewicht.
Zudem wird durch eine Kastration das Risiko für einige Tumore verhindert, etwa am Gesäuge oder den Hoden. „Andersherum ist es aber auch die Frage, ob durch eine Kastration bestimmte Tumore begünstigt werden“, gibt Kessler zu bedenken. Es gebe in letzter Zeit Hinweise darauf, dass bei kastrierten Hunden einige sehr gefährliche Tumorarten häufiger vorkämen.
Allerdings stammten diese Studien aus den USA, wo viele Hunde schon im ersten Lebensjahr, häufig sogar in den ersten sechs Lebensmonaten, kastriert würden. „Ob das für uns in Deutschland genauso zutrifft, wo die Frühkastration die absolute Ausnahme darstellt, ist bislang nicht untersucht worden“, so Kessler. Beim jetzigen Stand der Wissenschaft könne jedenfalls nicht empfohlen werden, eine Kastration wegen einer möglichen Erhöhung des Tumorrisikos nicht durchführen zu lassen.
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