Warnstreiks bei der Deutschen Bahn sind für längere Zeit vom Tisch. Der neue Tarifvertrag zwischen der Deutschen Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) steht. Für rund 192.000 Beschäftigte bedeutet das mehr Geld. Doch sowohl Gewerkschaft als auch Unternehmen blicken bang auf die Bundestagswahl.
Die DB-Beschäftigten sollen in mehreren Schritten insgesamt gut 6,5 Prozent mehr Geld bekommen. Dies sind die Details:
Beide Seiten zeigten sich nach dem Abschluss zufrieden. „Wir haben ein vernünftiges Gesamtpaket geschnürt“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay teilte mit, man sei „ganz nah an unserer Forderung“. Zu den Forderungen gehörten das Zusatzgeld für Schichtarbeiter, die Beschäftigungssicherung bis Ende 2027, der Bonus für EVG-Mitglieder und strukturelle Tarifanpassungen zwischen einzelnen Berufsgruppen.
Zudem gilt der Abschluss auch für die Beschäftigten der schwer angeschlagenen Güterverkehrstochter DB Cargo. Abweichungen sind nach Bahn-Angaben nur möglich, wenn sie „im Rahmen des Restrukturierungsplans nötig sind“.
Ein deutlichen Dämpfer für die EVG kann man die lange Vertragslaufzeit bis Ende 2027 sehen. Auf unvorhersehbare Entwicklungen wie in den vergangenen Jahren - Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation - kann möglicherweise erst mit deutlichem Verzug reagiert werden. Auch für Nachwuchskräfte ist das Ergebnis aus EVG-Sicht nicht zufriedenstellend. „Den jungen Kolleginnen und Kollegen ist in dieser Runde wenig Wertschätzung entgegengebracht worden“, sagte Ingenschay.
Die ursprüngliche Forderung der Gewerkschaft für die Tarifrunde lag bei 7,6 Prozent mehr Einkommen sowie zusätzlich 2,6 Prozent für Schichtarbeiter - allerdings ohne eine Laufzeit zu nennen, was unüblich ist. Wenn sich eine prozentuale Erhöhung auf einen längeren Zeitraum als zum Beispiel ein Jahr bezieht, ist sie bei gleichzeitig steigenden Verbraucherpreisen deutlich weniger wert.
Die Bahn ist in einer wirtschaftlich und betrieblich desolaten Lage – und setzt auf ein Sanierungsprogramm bis 2027. Die finanziellen Spielräume sind deshalb begrenzt, das hatte Personalvorstand Martin Seiler am Rande der Verhandlungen immer wieder deutlich gemacht.
Um während der Sanierung auch tarifliche Sicherheit zu haben, wollte die Bahn eine möglichst lange Laufzeit. „Die sehr lange Laufzeit gibt uns die Planungssicherheit, die wir für die erfolgreiche Sanierung der Bahn dringend brauchen“, sagte Seiler. Ursprünglich war der Konzern mit 37 Monaten in die Verhandlungen gegangen. Letztlich sind es vier Monate weniger.
Mit Ungewissheit dürfte die Bahn auf eine unionsgeführte Regierung nach der Bundestagswahl nächsten Sonntag schauen. CDU-Verkehrspolitiker hatten zuletzt infrage gestellt, ob die Sanierung wichtiger Bahnstrecken wie geplant fortgesetzt werden sollte.
Der aktuelle EVG-Tarifvertrag bei der Bahn läuft noch bis Ende März. Ohne den neuen Abschluss wären Warnstreiks also ab April möglich gewesen. Nun darf die EVG erst nach Ablauf des neuen Tarifvertrags im Januar 2028 zum Ausstand bei der DB aufrufen.
Doch bei der Bahn gibt es noch eine andere Gewerkschaft: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ist zwar deutlich kleiner als die EVG, aber umso streitbarer. Der Tarifvertrag mit der GDL läuft noch bis Ende Februar 2026. Ab März kommenden Jahres könnte es bei der Bahn also wieder zu Warnstreiks kommen.
Die EVG hatte schon vor den Verhandlungen aufs Tempo gedrückt – und darum gebeten, die Gespräche vorzuziehen. Grund dafür ist die Sorge, der nächste Bundeskanzler könnte Friedrich Merz heißen. Der CDU-Politiker will Netz und Betrieb bei der Deutschen Bahn trennen – die EVG wehrt sich dagegen und sieht darin keine Lösung für die Probleme des kriselnden Konzerns.
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