Deutschland hat mit Bayerns Märchenschlössern neues Welterbe | FLZ.de | Stage

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 12.07.2025 05:02, aktualisiert am 12.07.2025 17:03

Deutschland hat mit Bayerns Märchenschlössern neues Welterbe

Neuschwanstein lockt unter den Königsschlössern die meisten Besucher. (Archivbild) (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Neuschwanstein lockt unter den Königsschlössern die meisten Besucher. (Archivbild) (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Neuschwanstein lockt unter den Königsschlössern die meisten Besucher. (Archivbild) (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Für Bayern wird mit der Entscheidung der UN-Kulturorganisation Unesco in Paris ein Traum wahr: Die imposanten Märchenschlösser von König Ludwig II. sind zum Welterbe ernannt worden. Die langersehnte Auszeichnung attestiert den berühmten Schlössern eine internationale Bedeutung, wofür die hohe Zahl von Besuchern aus dem In- und Ausland schon lange spricht.

„Die Aufnahme der Schlösser in die Welterbeliste ist eine herausragende Würdigung dieser eindrucksvollen Orte“, sagte die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer. „Sie sind allesamt architektonische Meisterwerke und zeugen von der künstlerischen Vorstellungskraft, aber auch der Exzentrik des Märchenkönigs.“ 

Märchenschlösser locken Millionenpublikum

Das Welterbekomitee der UN-Kulturorganisation verlieh das begehrte Welterbesiegel wie erwartet für Schloss Neuschwanstein im Allgäu sowie die Schlösser Herrenchiemsee und Linderhof in Oberbayern. Die drei Prunkbauten von Ludwig II. (1845-1886) gehören zu den bekanntesten touristischen Attraktionen im Freistaat. Im vergangenen Jahr kamen weit mehr als 1,7 Millionen Besucher. Außerdem wurde das Welterbeprädikat für das kleinere und weniger bekannte Königshaus am Berg Schachen bei Garmisch-Partenkirchen verliehen.

Söder: Mit Weltkulturerbe wird Märchen wahr

Die Auszeichnung ist nicht mit einer finanziellen Förderung verbunden, erhöht aber die sowieso hohe Bekanntheit, was dem Tourismus zugutekommen dürfte. Für den Staat beinhaltet die Auszeichnung die von der Bayerischen Schlösserverwaltung ohnehin wahrgenommene Pflicht, die Welterbestätten langfristig zu erhalten und zu schützen. Hohe Millionensumme flossen in den vergangenen Jahren in Sanierung und Unterhalt.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die Aufnahme als ein „Märchen“, das wahr geworden sei. Die Aufnahme würdige Bayerns Geschichte, Kultur und Baukunst, sagte Söder nach Bekanntwerden der Entscheidung. Die Anerkennung durch die UNESCO sei eine große Freude, aber auch ein Auftrag: „Wir wollen unser kulturelles Erbe bewahren und für kommende Generationen erhalten.“ 

Ein Vierteljahrhundert Vorarbeit 

Etwa ein Vierteljahrhundert Vorbereitungen waren in Bayern der angestrebten Ernennung zum Welterbe vorangegangen - vom Beschluss des Landtags, eine Bewerbung zu prüfen, über einen Bürgerentscheid in Schwangau und bis zur Aufnahme auf die deutsche Anwärterliste durch die Kultusministerkonferenz. „Jetzt wird es endlich Zeit“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kürzlich. 

Neben den Hürden des Verfahrens gab es vor Jahren möglicherweise noch mehr Skepsis als jetzt, ob die Architektur der Königsschlösser eigentlich des Welterbes würdig ist. Die spätromantische Kulissen-Architektur und die Absicht, eine andere Epoche zu imitieren, wurden oft als kitschig angesehen. Dabei sollten die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichteten Königsschlösser den Eindruck historischer Bauten erwecken und Mittelalter-Träume und Fantasien wecken.

Schlösser sind „gebaute Träume“

Schloss Neuschwanstein etwa wurde wie eine mittelalterliche Ritterburg erbaut und Schloss Herrenchiemsee nach dem Vorbild von Versailles errichtet. Tatsächlich handelt es sich bei den imposanten Schlössern aber um für ihre Zeit moderne Bauwerke. „Gebaute Träume“ betitelte die Bayerische Schlösserverwaltung die Welterbe-Bewerbung. 

Egal ob Kitsch oder Kultur - das Kino und Walt Disney ließen sich von den bayerischen Märchenschlössern schon vor Jahren inspirieren. So wurde der britische Fantasyfilm „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ von 1968 teils in Schloss Neuschwanstein gedreht. Außerdem soll das Schloss für den US-amerikanischen Zeichentrick-Unternehmer Walt Disney die Inspiration für das „Cinderella-Castle“ in seinem US-Freizeitpark geliefert haben. Das Schloss hat auch Ähnlichkeit mit dem Schloss von Dornröschen im Disneyland Paris.

Massentourismus in Kritik

Und wie geht es mit den Schlössern nach der Aufnahme ins Welterbe nun weiter? Dass mit dem neuen Prädikat die Werbetrommel gerührt wird, um noch mehr Touristen anzulocken, ist wenig wahrscheinlich. Denn schon jetzt steht der Massentourismus insbesondere rund um Neuschwanstein in der Kritik, auch wenn er für die angrenzenden Kommunen ein Wirtschaftsfaktor ist. 

Früher konnte Neuschwanstein jährlich teils mehr als 1,4 Millionen Menschen anlocken, doch während der jüngst abgeschlossenen Sanierungsarbeiten wurden die Besucherzahlen gedeckelt. Nach dem Ende der Arbeiten sind in Neuschwanstein nun dauerhaft noch 45 Besucherinnen und Besucher pro Gruppe erlaubt. Damit soll sichergestellt werden, dass das Bauwerk nicht unter dem Ansturm leidet. Das bayerische Finanzministerium in München, das für die Schlösser im Freistaat zuständig ist, betont, dass auch darüber hinaus eine Überbelastung des Denkmals vermieden wird. 

Und auch die Unesco hat einen kritischen Blick auf den Massentourismus. In der Beschlussvorlage wird empfohlen, eine weitergehende Strategie zum Besuchermanagement zu etablieren. Dadurch sollen negative Auswirkungen auf den außergewöhnlichen universellen Wert der Schlösser vermieden werden.

© dpa-infocom, dpa:250712-930-788899/5


Von dpa
north