Die Botschaft der katholischen Bischöfe in Deutschland bei ihrem jüngsten Treffen war unmissverständlich und eindeutig: Wer rechtsextreme Parolen verbreitet, hat im Dienst der Kirche nichts zu suchen – egal ob im Haupt- oder Ehrenamt. Doch wie soll das nun in der Praxis umgesetzt werden?
Die Diözesanbischöfe müssten rechtliche Taten folgen lassen, kommentiert Kirchenrechts-Professor Thomas Schüller aus Münster. Konkret fordert er für „alle diözesanen und pfarrlichen Gremien“ Regelungen, dass jemand nicht wählbar ist oder sein Mandat verliert, wenn er sich erwiesen „fremdenfeindlich, rassistisch und antisemitisch“ verhalte. Wenig Sinn mache es, auf die konkrete Parteimitgliedschaft abzustellen, sagt Schüller. Denn schließlich sei in Deutschland niemand verpflichtet, zu sagen, welcher Partei er angehört.
Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hatte sich bei ihrer Frühjahrstagung in Augsburg einstimmig auf ein Papier verständigt, in dem sie Rechtsextremismus und Nationalismus scharf verurteilt. Klar wird darin auch die AfD als Partei benannt. Zugleich betonen die Bischöfe, dass sich die Kirche nicht dem Dialog mit „jenen Menschen entziehen wird, die für diese Ideologie empfänglich, aber gesprächswillig sind“.
Ein klarer Widerspruch gegen Rechtsextremismus bedeute auch nicht, dass existierende wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme kleingeredet oder ignoriert werden. „Sie müssen angegangen werden. Alles andere würde den rechten Rand nur weiter nähren.“ Das betont auch der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Joachim Unterländer: „Wir teilen die Auffassung, dass die Ursachen für das Erstarken des Rechtsextremismus in der Gesellschaft im Sinne des christlichen Menschenbildes und der sozialen Gerechtigkeit angegangen werden müssen.“
Konkrete Formulierungen in ihren Satzungen für die ehrenamtlich tätigen Pfarrgemeinderäte haben bislang nur das Bistum Würzburg und die Erzdiözese Berlin, wie das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) mitteilt.
In Würzburg stammt die Passage bereits aus dem Jahr 2021. Darin heißt es, dass keine Verantwortung in der Kirche übernehmen kann, wer „rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenrechtswidrige Auffassungen öffentlich kundgibt oder vertritt oder Mitglied von Organisationen und Parteien ist oder diese unterstützt, die diese Auffassungen vertreten“. Bisher habe man diese Regelung nicht anwenden müssen, sagt Bistumssprecher Bernhard Schweßinger.
Pfarrgemeinderäte halten in der Regel das Gemeindeleben aufrecht und engagieren sich karitativ, äußern sich aber auch zu gesellschaftlichen und politischen Themen. Aus ihnen speisen sich dann auch überörtliche Gremien wie die Diözesanräte.
Das Erzbistum München-Freising mit seinen knapp 1,5 Millionen Mitgliedern verweist darauf, dass Statuten und Satzungen kirchlicher Vereine und Gremien schon jetzt Ausschlusskriterien enthielten, das betreffe Menschen, die im offenen Gegensatz zur Lehre oder zu den Grundsätzen der Kirche und ihrer Werte wie Nächstenliebe, Solidarität und der Unantastbarkeit der Würde des Menschen stehen. Neben einer weiteren Prüfung der bestehenden Regelungen setze man auf den Dialog vor Ort, teilt eine Sprecherin mit: „Hass gegen andere Menschen und davon motiviertes Agieren dürfen keinen Raum bekommen.“
Auch das ZdK will nun tätig werden: „Wir überarbeiten als organisierte Vertretung der katholischen Zivilgesellschaft in Deutschland derzeit das eigene Statut. Eine entsprechende Ausschlussklausel für den Umgang mit Mitgliedern, die Ansichten vertreten, die dem christlichen Menschenbild grundlegend widersprechen, ist darin vorgesehen“, sagt eine Sprecherin. „Zudem findet ein kontinuierlicher Austausch mit unseren Mitgliedsorganisationen und den Diözesan- und Katholikenräten statt. Dabei nehmen wir wahr, dass allerorten über ähnliche Strategien und Satzungsüberarbeitungen beraten wird.“
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern hatte bereits nach der Landtagswahl im vorigen Jahr entschieden, dass die AfD keinen Vertreter ins Gremium entsenden darf, wie es eigentlich bei den im Landtag vertretenen Parteien üblich ist. „Wir begrüßen das Papier der Deutschen Bischofskonferenz außerordentlich und unterstützen es eindeutig“, sagt der Vorsitzende Unterländer.
Leichter hat es die Kirche bei ihren hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Hier ist nach Worten Schüllers eine neue Grundordnung seit gut einem Jahr in Kraft. Demnach könne es zu arbeitsrechtlichen Sanktionen bis hin zur Kündigung kommen, wenn sich rassistisches oder antisemitisches Verhalten und Reden nachweisen lasse. „Ebenso ist dies, sofern es bei der Bewerbung bekannt wird, ein Nichtanstellungsgrund.“
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