Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen sind auf einem Bauernhof im Landkreis Rosenheim tote Rinder gefunden worden. Veterinäre entdeckten bei einer Kontrolle in einem Stall in Bad Aibling neun tote Tiere, wie das Landratsamt mitteilte. Ein weiteres Rind musste aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes noch auf dem Hof eingeschläfert werden. Erneut rückten die Kontrolleure nach einem Hinweis aus der Bevölkerung aus.
Mehrfach waren auf Bauernhöfen tote und vernachlässigte Tiere entdeckt worden, unter anderem in Bad Grönenbach im Allgäu und erst im März bei Griesstätt bei Rosenheim. Dort waren zunächst 17 tote Tiere entdeckt worden, darunter Rinder, Schafe und Ziegen. Weitere Tiere mussten eingeschläfert werden.
Die Häufung von Fällen hatte eine Debatte über mögliche strukturelle Probleme und Änderungen bei den Kontrollen ausgelöst.
„Die Landwirtschaftsministerin bekommt die Lage im Tierschutz in den Betrieben nicht in den Griff“, kritisierte die SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Müller die CSU-Ministerin Michaela Kaniber. „Dass Frau Kaniber gleichzeitig als Bundesministerin gehandelt wird, ist nicht verständlich. Die Veterinärkontrollen sind in Bayern in ihrer Hand - und ein Skandal jagt den nächsten.“
In dem Bad Aiblinger Fall wurden 19 noch lebende Rinder in einem Notstall im Landkreis Landsberg am Lech untergebracht. Die Tiere würden dort versorgt und veterinärmedizinisch betreut, erläuterte das Landratsamt. Woran die neun Rinder genau starben, werde derzeit untersucht. Es bestehe aber kein Verdacht auf eine Tierseuche. Dem Vernehmen nach war der Hof in einem schlechten Allgemeinzustand.
Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelt gegen einen jungen Landwirt wegen des Verdachts der quälerischen Tiermisshandlung und der Tiertötung durch Unterlassen, wie ein Sprecher der Anklagebehörde auf Anfrage mitteilte. Bei der Kontrolle sei eine Überlastungssituation offenbar geworden.
Der Griesstätter Fall hat sich inzwischen ausgeweitet. Im Laufe der Ermittlungen seien noch 20 weitere verendete Tiere sowie Knochen und Tierteile gefunden worden, teilte das Landratsamt mit. Die Kadaver kamen demnach zutage, als auf dem Gelände des Hofes große Mengen Mist und Stroh abgetragen wurden.
In dem Fall im Allgäu hatten Tierschützer zuerst auf die Missstände aufmerksam gemacht. In den beiden Fällen im Landkreis Rosenheim kamen die Hinweise aus der Bevölkerung. Agrarministerin Kaniber hatte nach dem Griesstätter Fall an die Aufmerksamkeit von Dorfbewohnern appelliert und eine „Kultur des Hinschauens“ angemahnt.
Erst vor einer Woche hatte sich der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz im bayerischen Landtag mit dem Thema befasst - jedoch ohne greifbares Ergebnis. Anträge von Grünen und SPD wurden mit den Stimmen von CSU, Freien Wählern und AfD abgelehnt.
Die Grünen wollten eine Sachverständigen-Anhörung im Agrarausschuss erreichen, um mögliche strukturelle Probleme und Maßnahmen für effektivere Kontrollen zu identifizieren. Es gehe um großes Tierleid und großes menschliches Leid, sagte der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach.
Die SPD scheiterte mit einem Antrag, die Zuständigkeit für Kontrollen vom Agrarministerium auf das Verbraucherschutzministerium zu übertragen. Laut SPD gab es allein im laufenden Jahr rund ein halbes Dutzend Tierschutzverstöße im Freistaat.
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