Lange-Drama nach Erkältung: „Bis zum Umfallen“ | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 14.09.2025 15:10, aktualisiert am 14.09.2025 16:30

Lange-Drama nach Erkältung: „Bis zum Umfallen“

Es war ein hartes Rennen für Patrick Lange - mit Platz neun am Ende. (Archivbild) (Foto: Thomas Frey/dpa)
Es war ein hartes Rennen für Patrick Lange - mit Platz neun am Ende. (Archivbild) (Foto: Thomas Frey/dpa)
Es war ein hartes Rennen für Patrick Lange - mit Platz neun am Ende. (Archivbild) (Foto: Thomas Frey/dpa)

Völlig ausgelaugt musste Patrick Lange gestützt werden, kurze Zeit später lag er mit blassem Gesicht kraftlos in einer Ecke des Zielraums von Nizza. Der 39 Jahre alte und bitter entthronte Titelverteidiger musste behandelt werden. Er hatte alles gegeben über die 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen - und nichts gewonnen, außer großer Achtung vor seinem Sportsgeist. „Ich habe alles draußen gelassen“, sagte er: „Bis zum Umfallen.“

Aus dem Traum vom historischen vierten Ironman-WM-Triumph wurde ein Rennen mit Leid, Schmerzen und einer großen Enttäuschung. Über 22 Minuten nach dem norwegischen Überraschungssieger Casper Stornes, der zuvor noch nie einen Ironman gewonnen hatte, schleppte sich Lange als Neunter ins Ziel, auch noch drei Plätze hinter Jonas Schomburg. 

Aufgeben wollte Lange aber nicht, als er abgeschlagen und nicht mal unter den Top 30 war vor dem Wechsel auf die Laufstrecke. „Das soll keine Ausrede sein, Anfang der Woche war ich ein bisschen krank, hatte Halsschmerzen, musste im Training etwas aussetzen“, erklärte Lange, der am Ende noch glücklich war, es unter die besten Zehn geschafft zu haben. 

„Es war ein hartes, ehrliches Rennen“

Für Schomburg, der seine beherzt-aggressive Rennstrategie aber auch ein bisschen bezahlen musste, galt das erst recht. Der 31-Jährige aus Hannover kam bei seiner WM-Premiere dennoch als bester Deutscher von insgesamt acht Profis auf Platz sechs. „Es war ein hartes, ehrliches Rennen“, sagte er: „Ich kann mir nichts vorwerfen.“ Landsmann Lange äußerte sich unmittelbar nach seinem Zieleinlauf nicht. Kurz hatte er noch die Hand nach oben gereckt, dann musste er sich schon abstützen. 

Das Podium bei der letzten Titelvergabe in Nizza machten Norwegen unter sich aus - das war nicht total überraschend. Dass der 28 Jahre alte Stornes aber die beiden Ex-Weltmeister Gustav Iden und Kristian Blummenfelt, der sich humpelnd mit Krämpfen ins Ziel rettete, schlagen und mit über zweieinhalb Minuten sowie Streckenrekordzeit gewinnen würde, durchaus.

Lange im Leo-Outfit

Für Lange begann der Tag noch mit einem Hingucker: Im Mantel mit pinkem Innenfutter und Leoparden-Optik hielt er sich vorm Start am frühen Morgen zusätzlich warm. Neoprenanzüge waren verboten, das Mittelmeer-Wasser hatte wohlige 25 Grad. So kennt man es auch von Hawaii, wo Lange 2017 und 2018 gewann und nach sechs Jahren 2024 erneut triumphierte und die Männer dann wieder zusammen mit den Frauen nächstes Jahr antreten. Lange wird dann 40 Jahre alt sein. 

Die Chance, zu den Ironman-Legenden Dave Scott und Mark Allen mit ihren jeweils sechs WM-Titeln weiter aufzuschließen, wollte er also erst recht schon in Nizza nutzen. Mit vier Titeln wäre er an Jan Frodeno vorbeigezogen und zum erfolgreichsten deutschen Langstrecken-Triathleten aufgestiegen. „Das würde mir die Welt bedeuten. Das ist das, wofür ich mein Leben lang trainiere, wofür ich jeden Morgen aufstehe“, hatte Lange vor dem Rennen betont.

Von Beginn an starker Schomburg, strauchelnder Lange 

Doch nach dem gesundheitlich ruckeligen Start in die Rennwoche lief es beim Schwimmen bereits nicht optimal, auf dem Rad schon gar nicht. Vorn machte im Wasser und dann auch in den Bergen dagegen Schomburg viel Druck, Lange kam mit einem Rückstand von über zwei Minuten auf die malerische, aber mit 2.400 Höhenmetern kräfteraubende Radstrecke. Und er verlor immer mehr Zeit auf die Spitze. 

Wegen einer Adduktoren-Entzündung hatte Lange zwei Monate kein Lauftraining im ersten Jahresdrittel absolvieren können, seinen Start in Texas musste er absagen, in Frankfurt beim Heimrennen verpasste er den Sieg, aber auch das Podest deutlich. In Nizza setzte sich die Misere fort. 

2019 hatte er bei der WM in Hawaii und dem Versuch, den Titel-Hattrick zu schaffen, auf der Radstrecke gesundheitlich angeschlagen aufgeben müssen. Er hatte danach sogar von Schwindelanfällen berichtet. Diesmal zog er durch und verabschiedete sich vom letzten WM-Rennen in Nizza mit Würde und weltmeisterlichem Anstand. Für den Marathon benötigte er 2:31:33 Stunden.

Marathon in Lange-Manier

Als er endlich in der Wechselzone die Laufschuhe anzog, war die Spitze bereits auf dem Rückweg vom Flughafen: 21:08 Minuten waren sie Lange voraus, der auf Platz 32 lag. 

Beim Marathon hatte dann Stones die besten Beine. Fast alle hatten vor allem Blummenfelt und auch Iden ganz oben auf der Rechnung, doch dann düpierte er die etablierteren Landsmänner und schlug sich auf dem Weg zu seinem größten Erfolg ungläubig die Hände vors Gesicht.

© dpa-infocom, dpa:250914-930-36832/4


Von dpa
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