Rüstungsbranche im Aufschwung: So gelingt der Quereinstieg | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 20.11.2025 00:07

Rüstungsbranche im Aufschwung: So gelingt der Quereinstieg

Wer an Rüstung denkt, hat oft Panzer oder Munitionsproduktion im Sinn. Aber auch Software wie etwa für Drohnenerkennungssysteme gehört dazu. (Foto: Daniel Karmann/dpa/dpa-tmn)
Wer an Rüstung denkt, hat oft Panzer oder Munitionsproduktion im Sinn. Aber auch Software wie etwa für Drohnenerkennungssysteme gehört dazu. (Foto: Daniel Karmann/dpa/dpa-tmn)
Wer an Rüstung denkt, hat oft Panzer oder Munitionsproduktion im Sinn. Aber auch Software wie etwa für Drohnenerkennungssysteme gehört dazu. (Foto: Daniel Karmann/dpa/dpa-tmn)

Über Jahrzehnte hinweg waren Jobs in der Rüstungsindustrie in Deutschland nur mäßig attraktiv, das Image schlecht. Doch angesichts der weltpolitischen Lage haben sich die Zeiten geändert. Die Bewerberzahlen auf ausgeschriebene Stellen aber auch die Initiativbewerbungen sind deutlich gestiegen. 

Die Branche befindet sich aufgrund erhöhter Verteidigungsbudgets und gestiegener Investitionen in Sicherheitstechnologien im Aufschwung. Fachkräfte werden händeringend gesucht.

Auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind willkommen – sofern sie über ein entsprechendes Qualifikationsniveau aus vergleichbaren Branchen verfügen, so Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV).

Dual-Use-Bereich eignet sich für Anfänger

Also raus aus der eher schwächelnden Auto- und rein in die boomende Rüstungsbranche? „So einfach ist das nicht“, sagt Philipp Riedel, CEO des Personaldienstleisters YER Deutschland. „Wer gute Autos baut, baut noch lange kein zuverlässiges Drohnenabwehrsystem“, sagt Riedel.

Zwar gibt es für Fachkräfte aus dem zivilen Umfeld nach Angaben Riedels beispielsweise in den Disziplinen Avionik, Systems Engineering oder sicherheitskritischer Software oft attraktive Entwicklungsmöglichkeiten mit langfristiger Jobsicherheit. Einstiegsmöglichkeiten böten also die sogenannten Dual-Use-Technologien – Lösungen, die sowohl im zivilen Bereich als auch militärisch genutzt werden können.

Allerdings: „Ein Quereinstieg gelingt selbst für Fachkräfte mit dem gefragten technischen Know-how nicht ohne Einarbeitungsaufwand“, stellt Riedel klar. Viele Unternehmen haben nach seinen Worten strukturierte Onboarding-Programme, um neue Mitarbeitende schnell mit rüstungsspezifischen Regularien vertraut zu machen.

Was neben der fachlichen Kompetenz zählt

Arbeitgeber in der Rüstungsindustrie achten bei Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern nicht nur auf fachliche Kompetenzen und Lernbereitschaft, berichtet Sophia von Rundstedt, geschäftsführende Gesellschafterin bei der Karriereberatung von Rundstedt & Partner, aus Gesprächen mit Unternehmen.

Diese loten bei Bewerberinnen und Bewerbern die Motivation für ein längeres Engagement ebenso aus wie die Frage, ob echtes Verständnis für Sicherheitsthemen vorhanden ist. „Gleich, ob Wehrsektor oder zivile Produktion – Arbeitnehmende sollten immer die Bereitschaft mitbringen, sich mit den Werten und Zielen des Arbeitgebers zu identifizieren“, so von Rundstedt. Zudem müssen sich Bewerberinnen und Bewerber auf langwierige Sicherheitsüberprüfungen ihrer Person einstellen.

Diese Spezialisten sind aktuell gefragt

Generell ist der Personalbedarf in der Rüstungsindustrie in verschiedenen Bereichen groß. Besonders gute Chancen auf einen Job haben nach Angaben Riedels technische Spezialistinnen und Spezialisten, die an der Schnittstelle von Software, Hardware und Systemintegration arbeiten und über breite Kenntnisse in Schlüsseltechnologien wie Echtzeitprogrammierung, Signalverarbeitung und Sensorik verfügen. Gefragt ist hier, wer folgende Kompetenzen mitbringt.

  • Systems Engineering: Im Bereich Systems Engineering (Systemtechnik) sind laut Riedel vor allem Systemarchitektinnen und -architekten, Requirements Engineers (Anforderungsmanager) und Safety Engineers (Sicherheitsingenieure) gefragt.
  • Hardware-Entwicklung: Hier suchen Arbeitgeber insbesondere Expertinnen und Experten für FPGA-Design oder Ingenieurinnen und Ingenieure im Bereich Hochfrequenztechnik.
  • Embedded Software: In diesem Bereich besteht eine hohe Nachfrage nach Fachkräften für Echtzeitbetriebssysteme, Firmware-Entwicklung und sicherheitskritische Software.
  • Kryptografie: Rüstungsunternehmen suchen laut Riedel Fachleute im Bereich Post-Quanten-Kryptografie, Key Management und Verschlüsselungstechnologien.

Spezialistinnen und Spezialisten in den Bereichen Cybersecurity, Künstliche Intelligenz und Data Fusion haben ebenfalls gute Chancen auf einen Job. „Neben diesen technischen Profilen gewinnen aber auch interdisziplinäre Kompetenzen an Bedeutung – etwa Projektmanagement oder die Fähigkeit, in multinationalen Teams zu arbeiten“, so Riedel.

Für immer Rüstungsindustrie?

Viele, die jetzt in die Rüstungsindustrie wechseln, stellen sich die Frage, was eine Position in einem Rüstungsunternehmen für den späteren Karriereverlauf bedeutet. Sophia von Rundstedt geht davon aus, dass solche Bewerbenden für andere Firmen attraktiv sind, da sie häufig bei ihrem bisherigen Arbeitgeber innovative Technologien kennengelernt haben, die im zivilen Sektor erst später zum Einsatz kommen. Unternehmen könnten also von dem Wissen und den Fähigkeiten dieser Beschäftigten profitieren.

„Aber es ist zu bezweifeln, dass Arbeitnehmende in größerer Zahl die Rüstungsindustrie wieder verlassen werden“, so von Rundstedt. Denn dort seien die längerfristigen Karriereperspektiven stabil und berechenbar im Vergleich zu den meisten zivilen Branchen.

© dpa-infocom, dpa:251119-930-315516/1


Von dpa
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